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Wo Werigand selig lächelt

MICHAELBEUERN / AUSSTELLUNG

29/06/12 Aus dem Glasverschlag schaut der Erste der Äbte von Michaelbeuern, Werigand. In Holz geschnitzt lächelt er selig. Wird er etwa deshalb, einer Haustradition folgend, als Seliger verehrt? Oder genießt er so hohes Ansehen hier, weil er Michaelbeuerns erster Abt war?

Von Hans Gärtner

Vor 960 Jahren führten ihn zwei hohe Würdenträger in sein Amt ein, Patriarch Sighard von Aquilea und Salzburgs Erzbischof Gebhard. Nachweislich war das am 18. Juli 1072. Bis 1100 dauerte Werigands Regierungszeit. Weitere 880 Jahre brauchte man, um ihn in Holz zu schnitzen.

Wie Heilige und Selige, die vor Hunderten von Jahren lebten, wirklich ausgesehen haben, weiß freilich keiner. Die Schnitzer und Modelleure, die Maler, Holzschneider und Kupferstecher, denen wir zwei- oder dreidimensionale Bilder von Heiligen verdanken, verwirklichten eine selbst empfundene Idee einer Gestalt. Mal ernst, mal lächelnd. Mal blass, mal sonnengebräunt. Schmal oder gedrungen, glatt rasiert oder mit Rauschebart, jungfräulich oder matronenhaft.

Nicht an solchen Merkmalen, sondern an ihren Beigaben sollen wir sie erkennen: Josef an der Lilie, Florian am Löschkübel, Ottilie, die ein Augenpaar auf einem Teller trägt. Von manchen Heiligen hat man vielleicht noch nie gehört: etwa von Gorgonus und Theodorus, die als Märtyrer sterben mussten, nachdem sie, an eine Säule geknüft, ausgepeitscht worden waren.

In Michaelbeuern sind einige unserer „Schicksalsgenossen, Wegbegleiter, Fürsprecher“ beisammen – so heißt die Sonderausstellung, die bis in den Herbst hinein im Museumstrakt des Klosters gezeigt wird. Man hat sie herausgeholt aus den Winkeln und Kästen der Abtei, um sie in Vitrinen, Schaukästen und Glasverschlägen zu geben, damit sie, als Skulptur an der Wand befestigt, als Wachsbossierung unter Glas gestellt oder als Ikone in einen Kasten gehängt, Besucher begrüßen.

Staunend geht man durch die Reihen, liest und erfährt von Rotstichen und Reliquiaren, sieht Sankt  Theresia als Miniatur oder Nikolaus von Tolentino als wegen seiner Christkind-Erscheinung  in Verzückung geratenen Augustinermönch. Vor einem Andachtsbild aus Wachs rätselt man, wie wohl „Emmeram, M.“ ums Leben kam. Ihn umgeben Leiter, Hufeisen, Keule und ein Küchenmesser. Gewiss zum ersten Mal sieht man altkolorierte Legenden-Holzschnitte aus einem Buch des Nürnbergers Anton Koberger von 1488, das „bereits vor Jahrhunderten zerschnitten“ wurde und sich „in der Graphiksammlung der Abtei“ befand.

Ehrfürchtig steht man dann vor dem Glanzstück der Ausstellung: einer 500 Jahre alten polychromierten Holzplastik, die einen der Lieblingsheiligen des frommen Volkes von Oberitalien bis in den Donauraum zeigt. Christophorus, der das Jesuskind schultert, erkennen auch die Leicht- oder Ungläubigen auf Anhieb. Als Patron der auf zwei oder vier Rädern, aber auch auf Schusters Rappen unterwegs Befindlichen genießt Christophorus hohes Ansehen.

Abt Johannes Perkmann, Werigands jüngster Nachfolger, führt gerne auch ins innenarchitektonische Glanzstück seines Hauses, den Abteisaal – oder lässt ihn von Pater Michael herzeigen. Man erfährt dann von einem der Heimgegangenen unter den Mönchen – heute leben hier noch deren elf –, von einem Mönch mit dem wunderlichen Nachnamen Paradeiser, den es zu Lebzeiten zu den lieblichen Heiligenfigürchen zog, die unter gewölbten Glasstürzen stehen, farbig bemalt und kunstvoll geformt. Vor kurzem noch stand der Abtei Michaelbeuern auch der Schulmeister des Ortes in allen Fragen der Wachsfigurenrestaurierung zur Verfügung. Heilige hatten es also schon immer gut in Michaelbeuern.

„Heilige: Schicksalsgenossen, Wegbegleiter, Fürsprecher“, geöffnet bis Ende Oktober 2012, jeweils Sonntag 15-16 Uhr, für Gruppen nach Vereinbarung.  Stiftsführung Sonntag 14 Uhr – www.abtei-michaelbeuern.at
Bilder: Hans Gärtner

 

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