Gleich zweimal Franz

BADGASTEIN / CAMERATA SALZBURG

16/09/13 Ein neues, kleines, feines Festival: Zum Auftakt von „Schubert in Gastein 2013“ dirigierte Gérard Korsten die Camerata und begleitete den Bariton Manuel Walser bei seinem Debüt in der Preimskirche.

Von Horst Reischenböck

016Die 200. Wiederkehr von Franz Schuberts Aufenthalt anno 1825 lässt zwar noch auf sich warten, andererseits aber auch langfristig vorbereiten. So gab es also dazu am Donnerstag (12. 9.) einen ersten Auftakt, veranstaltet vom Kur- und Tourismusverband und maßgeblich gesponsert durch die Nürnberger Versicherung.

Musikalischerseits bot dabei die Camerata Salzburg unter Leitung des einst aus ihren Reihen hervorgegangenen Gérard Korsten vorerst eine Überraschung. Nämlich nicht mit dem Namenspatron, sondern dem während seines Studiums in Wien zu dessen Freundeskreis hinzu gestoßenen Bayern Franz Lachner (der später übrigens auch Salzburg besuchte). Seine 6. Sinfonie in D-Dur op. 56 dürfte aber wohl bis dato hier noch nie gespielt worden sein. Dem sowohl romantisch-lyrisch wie in kontrapunktischen Abschnitten gehaltenen Kopfsatz nach zu urteilen ein respektables Werk, wert einer kompletten Aufführung – die allerdings den zeitlichen Rahmen des Abends gesprengt hätte.

014Wäre der zu seiner Zeit berühmte Johann Michael Vogl nicht von Schuberts Liedern überzeugt, mehr noch: begeistert gewesen, dann hätte er ihn nicht auf die Reise zur Kur seiner Gicht wegen mitgenommen. Die Musikwelt wäre wahrscheinlich um einiges ärmer. Beispielsweise um jene zwei Lieder „Das Heimweh“ D 851 und „Die Allmacht“ D 852 (das Schubert ein Jahr später übrigens noch für Chor und Klavier bearbeiten wollte) auf Texte Johann Ladislaus Pyrkers, den Schubert in Gastein traf. Für dieses Konzert wurden die beiden Lieder von dem Camerata-Cellisten Shane Woodborne orchestriert: das erste durchbrochen, transparent, das Andere mit der eindrucksvollen Anrufung Jehovas machtvoll kompakt gesteigert., so dass es dem tonschön und profund artikulierenden Manuel Walser doch fast an dynamische Grenzen streifen hieß. Die Originalgestalt hob Walser sich zum Vergleich für seinen Liederabend am nachfolgenden Samstag auf.

Das kapitale Hauptwerk allerdings bildete dann die „Große“ C-Dur-Sinfonie D 944, hinter der die Musikwissenschaft mittlerweile die lange Zeit verschollen geglaubte „Gasteiner“ Symphonie erkannte. Eben von den Eindrücken der Reise beeinflusst und in vielen Zügen bereits mehr als bloß skizziert.

015Ein Wermutstropfen: Ob der „himmlischen Länge“ dieses Werks wurde diesmal die Mehrzahl an vorgeschriebenen Wiederholungen geopfert. Gérard Korsten formte unter Bedachtnahme auf die Kirchenakustik mit bloßen Händen ein plastisches Fresko. Nicht nur im Verzicht aufs Streichervibrato erinnerte er an die Haltung des einstigen Camerata-Chefs Sir Roger Norrington erinnernd. Korsten gestaltete nach dem vorwärtsdrängenden ersten Allegro dramatisch die emotionale Ambivalenz in die erschütternden Abgründe des Andantes hinein, packte auch das Scherzo vehement an und steigerte das Finale fulminant zu letztendlich doch noch positiven Jubel. Den Musikern der Camerata Salzburg stand die Freude am Musizieren im Gesicht geschrieben.

Bilder: Tourismusverband Bad Gastein