Mit Stil und Verve

MATTSEER DIABELLISOMMER / ERÖFFNUNG

12/06/15 Prachtvolle Mineralien in verschiedensten Farben und Kristallzuständen zieren den Almanach zum Mattseer Diabelli Sommer 2015. „Bunte Steine“ ist das Motto 2015. Eröffnet wurde das 15. Festival am Mattsee mit zwei Hochkarätern der Streicher-Kammermusik. Am Sonntag (14.6.) geht es schillernd mit „Poesie und Kabarett im Lied“ weiter.

Von Heidemarie Klabacher

Mit Meisterwerken von Mozart und Mendelssohn - den beiden „berühmtesten Wunderkindern“ der Musikgeschichte - wurde am Donnerstag (10.6.) in der Stiftskirche der Mattseer Diabelli Sommer eröffnet: Lukas Hagen, Maria Kubizek, Iris Juda-Hagen, Luca Ranieri und Giovanni Gnocchi spielten Mozarts Streichquintett Nr. 3 C-Dur KV 515 und Felix Mendelssohn Bartholdys Streichquintett Nr. 2 B-Dur op. 87. Es waren zwei mitreißende hoch musikantische Wiedergaben, die in ihrer Expressivität auch wieder einmal Staunen machten über die brillante Akustik in der Stiftskirche.

Acht Töne, beginnend mit einem kräftig federnden Absprung, schickt der Cellist zu Beginn von Mozarts drittem Streichquintett mit heiterem Schwung hinaus in die Lüfte. Man meinte, jeden einzelnen dieser Töne nicht nur zu hören, sondern – in einer Mischung aus Seifenblase und Jonglierbällchen – geradezu plastisch aufsteigen zu sehen. Der Geiger greift die Tonfolge auf, schickt sie allerdings in etwas dramatischere Gefilde. Es entwickelte sich, den ganzen wundersamen Satz lang, ein anregendes, im Klang von Lukas Hagen und Giovanni Gnocchi hoch differenziert ausgemaltes, Wechselspiel über den feinen Figuren der drei anderen Streicher. Ein Himmels-Ping-Pong vor unterschiedlichsten Wolkenstimmungen quasi, wie ausgedacht, für die prächtige Stuckdecke in der Mattseer Stiftskirche.

Mozart ist in seinem Werk immer wieder einmal seiner Zeit weit voraus, und das Menuett von KV 515 klang in dieser Interpretation wie von Schubert in einem glücklichen Augenblick – also ohne Abgrund unter dem Idyll – erdacht. Im Andante war unterhaltsam mitzuverfolgen, wie ein sich immer wieder zusammenballendes Gewitter von reiner Heiterkeit hinweg geblasen wurde. Und das Allegro fegte mit Verve und stupender Virtuosität vom Altar- in den Kirchenraum. Manchmal kommt der Herr ja doch im Sturmwind.

Geradezu exaltiert – aber ebenso kontrolliert und präzise – rauschte das hochemotionale Streichquintett Nr. 2 B-Dur op. 87 von Felix Mendelssohn Bartholdy vorüber. Ein bewegendes Innehalten war das Andante, in dem etwa über dem schweren Schritt des Cellos einmal ein schlichter Klagechoral sich aufbaut, oder sich aus heftigen Akkorden ein ebenso schlichtes Lied ohne Worte frei singt.

Dazwischen: Die Mattseer Pause. Ein kostbares Stücklein geschenkte Lebenszeit unter der Linde im Hof.

Weiter geht es beim Diabelli Sommer am Sonntag (14.6.) im Kapitelsaal des Stiftes Mattsee mit einem ganz besonders reizvollen Programm: Die Sopranistin Maya Boog singt begleitet von Michael Lakner ein Liedprogramm zwischen Spätromantik und Klassischer Moderne: „Sieben frühe Lieder“ von Alban Berg, die „Mädchenblumenlieder“ von Richard Strauss und Arnold Schönberg „Brettl-Lieder“: „Poesie und Kabarett“ im Lied heißt Abend.

Arnold Schönberg gegenüber fühlt sich Gottfried Franz Kasparek, der künstlerische Leiter des Diabelli Sommers besonders verpflichtet, hat man dem großen Komponisten doch anno 1921 einen Sommeraufenthalt am Mattsee durch antisemitische Umtriebe unmöglich gemacht. Schönberg hat trotzdem Musikgeschichte geschrieben. Hat nicht nur den Grundstein für die Weiterentwicklung der Musik in der Zwölftontechnik gelegt, sondern - immer wieder überraschend - mit seinen „Brettl-Liedern“ für das Berliner Kabarett „Überbrettl“ quasi nebenbei Stoff für musikalische Legenden ganz anderer Art hinterlassen. Richard Strauss’ Mädchenblumenlieder bekommt man ja gelegentlich zu hören, viel zu selten aber die hoch expressiven farbintensiven frühen Lieder von Alban Berg. - Auf nach Mattsee.

www.diabellisommer.at