Rumps muss es schon machen!
MATTSEE / DIABELLISOMMER
08/03/16 „Wir haben hier in Mattsee eine musikalische Heimat gefunden“, sagt der Geiger Benjamin Schmid, der in drei Konzerten spielen wird. „Inmitten der Zeit“ ist das Motto des 16. Mattseer Diabelli Sommers von 6. Juni bis 11. September.
Von Heidemarie Klabacher
„Das Motto ist immer das Schwierigste“, sagte Gottfried Franz Kasparek, der Künstlerische Leiter des Diabellisommers, heute Dienstag (8.3.) bei der Programmpräsentation. „Entweder man hat ein Motto und sucht die Konzerte dazu. Oder man hat die Konzerte und findet kein Motto. Oder man nennt es ‚Liebe. Tod. Leidenschaft‘ - und da passt dann ohnehin alles hinein.“ Beendet wird der Diabellisommer traditionsgemäß zu Weihnachten.
„Inmitten der Zeit“ ist es also geworden. Und sogar zum sommerlich-heiteren Festival passen Musik- und Zeitgeschichte in weniger netten Kontexten. Wie etwa die leidige Geschichte „Mattsee und Arnold Schönberg“. Mattsee arbeitet seine Geschichte auf, und „da sind auch durchaus unrühmliche Geschichten dabei“, sagte Bürgermeister Rene Kuel. Für ihn ist der Diabellisommer eine hochgeschätzte Einrichtung, „die Gäste aus Nah und Fern herbeizieht, die wir sonst nicht hätten in Mattsee“. Im Rahmen der Bildungswoche „focus:mattsee“ wird am 26. Oktober ein Konzert des Diabellisommers mit dem Zweiten Streichquartett und dem Streichsextett „Verklärte Nacht“ stattfinden. Dazwischen eine von zwei Uraufführungen dieses Sommers: Johanna Doderers „Streichquartett Mattsee“. Spielen wird das Stadler Quartett mit Gästen und der Sopranistin Rowan Pierce.
Gottfried Franz Kasparek erinnerte beim Pressegespräch an die Hetzkampagne, die den Sommerfrischler Schönberg – zusammen mit einer Gruppe ultraorthodoxer Juden – aus Mattsee vergrault hat. Schon 1921 (!) rühmte sich der Ort, „judenfrei“ zu sein. Der „Mattseer Vorfall“ sei damals einer der Gründe für Schönbergs Rück-Konvertierung zum Judentum gewesen. Man stellt sich in Mattsee mit dem Festkonzert im Rahmen von „focus:mattsee“ dieser unrühmlichen Geschichte.
Benjamin Schmid ist bei drei Konzerten beteiligt. Im „Besonderen Trio“ spielt Schmid mit Ariane Haering und Clemens Hagen Reger und Schubert, im „TrioBute to Gershwin“ ebenfalls mit seiner Frau Ariane Haering und dem Klarinettisten Ib Hausmann. Im „Festlichen Finale“ erklingen Vivaldis „Jahreszeiten“ in einer Kammerfassung, das Streichquartett von Friedrich Gulda und Stücke für Streichsextett von Georg Breinschmid. „Streichquartett ist ein eigener Beruf“, sagt Benjamin Schmid, die Werke Friedrich Guldas seien ihm aber ein Anliegen. Besonders freue er sich auf die Jahreszeiten mit Streichsextett – „Das ist auch historisch legitim!“ –, denn in der kleinen Besetzung könne der Solist noch viel deutlichere Akzente setzen. Allerdings werde es zum Streichsextett noch ein Continuo mit Theorbe geben: „Rumps muss es schon machen.“
Die Programmlinie „Benjamin Schmid“ überschneidet sich mit der Programmlinie „Max Reger“. Der Komponist starb vor hundert Jahren. Schmid spielt die Chaconne für Violine von Reger, weiters erklingen Stücke für Violine und Klavier.
Die „Festliche Eröffnung“ des Mattseer Diabellisommers 2016 ist am 9. Juni in der Stiftskirche mit dem Streichquintett G-Dur und dem Klavierquintett A-Dur von Dvorak. Es spielen Mitglieder und Freunde der Familie Hagen, so etwa Lukas Hagen und Iris Juda-Hagen mit Sohn Oskar.
Es wäre nicht Gottfried Franz Kasparek, hätte er nicht wieder Raritäten programmiert: „Romantik pur“ heißt es am 24. Juni. Da erklingen Werke von Anton Arensky, Stephen Heller und Hermann Goetz – letzterer ein Zeitgenosse von Brahms, „ein hervorragender Komponist, ebenfalls jung gestorben, aber halt kein solches Genie wie Schubert oder Mozart, die in so wenigen Lebensjahren einfach alles vollendet hinterlassen haben“.
Die zweite Uraufführung ist am 13. Juli im Rahmen des Konzerts „Zartlibste Frau“, einer Kooperation mit der Hofhaymer Gesellschaft. Auf dem Programm stehen die Weltlichen Gesänge des Mönchs von Salzburg, interpunktiert von zwei Zwischenspielen von Herbert Grassl.
Beim Konzert „Swing & Sing. Jazz und Weltmusik“ spielt das Trio des gebürtigen Mattseers Roli Wesp und es singt der Diabelli Chor Mattsee: „Wie wollen ja immer auch die Mattseer besonders die Konzerte locken.“
Traditionell sind schon das Konzert des „Wiener Streichquartetts“ mit „Großer Kammermusik“ oder Sepp Radauers Reihe, in der heuer „Beethoven & Volksmusik“ einander gegenübergestellt werden. Schuberts Zyklus „Die schöne Müllerin“ mit dem Bariton Rafael Fingerlos und Sascha el Mouissi am Klavier oder die Aufführung aller Violinsonaten Schuberts setzen weitere Glanzpunkte im Programm: Den Sonatenzyklus spielt die junge Geigerin Lena Neudauer, am Hammerklavier begleitet von Wolfgang Brunner. „Um Schubert herum ist ein weiterer Schwerpunkt des Diabellisommers“, sagt Gottfried Franz Kasparek. „Ich finde, Schubert kann man nicht genug Schwerpunkte widmen.“