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Zu den aktuellen Diskussionen um Tobi Reiser

21/03/13 Neue Entdeckungen bestätigen, was Allgemeingut in Kreisen der heimischen Volkskultur ist: Tobi Reiser (1907 – 1974) war aktiver Nationalsozialist und gehörte schon vor dem „Anschluss“ zu den Kreisen der illegalen Nationalsozialisten. Das Leben Reisers ist in unzähligen Abhandlungen recherchiert, seine Vita ist mehrfach publiziert.
Als Musiker und Freunde seines künstlerischen Schaffens stellen wir klar: Zum Großteil gehören wir einer Generation an, die nach dem 2. Weltkrieg geboren wurde und die keinerlei Berührungen mit dem Nationalsozialismus hat, ja, für die gesellschaftliche und geistige Folgewirkungen des Nazitums skandalös sind. Wir sind erklärte Demokraten und verabscheuen die Ideologie, die totalitäre Kulturpolitik und die Gräuel des Nationalsozialismus.
Ungeachtet der politischen Denkweise und Vergangenheit von Tobi Reiser ist uns sein musikalisches, kulturelles Erbe wichtig. Wir sind davon überzeugt, dass kaum ein Mensch die heimische Volkskultur, vor allem die musikalische Vielfalt der Volksmusik, so nachhaltig und qualitätsvoll beeinflusst hat, wie Tobi Reiser. Wir interpretieren seine Musik auf vielfältige Weise, in ähnlicher und anderer Besetzung, wir bearbeiten seine Stücke oder versuchen, sie im Original wiederzugeben. Reisers Musik empfinden wir als eine enorme Bereicherung unserer Volkskultur. Sie ist wegweisend und hat weit über die Grenzen unseres Heimatlandes hinaus Akzeptanz. Reisers Blick über den musikalischen Tellerrand hinaus hat eine Querverbindung von Volksmusik und Klassik geschaffen (Konzertreihe „Mozart und die Volksmusik“), seine Veranstaltungsreihen (Schlosskonzerte, Salzburger Adventsingen) sind Vorbilder für ähnliche Veranstaltungen geworden. Wir stehen zu seinem musikalischen Werk und seinen künstlerischen Anregungen und tragen sein musikalisch-künstlerisches Erbe weiter.
In diesem Sinne akzeptieren wir Tobi Reiser als Wegweiser für überlieferte Volkskultur und Volksmusik und stehen dazu, dass ihm im Volkskundemuseum des Salzburg Museums in einer eigenen Ausstellung gedacht wird. Die Erben des Nachlasses von Tobi Reiser haben die einzelnen Utensilien dem Salzburg-Museum für den allgemeinen Zugang zu Studienzwecken wie auch zur Präsentation im Rahmen von Ausstellungen überlassen. Das musikalische Erbe ist gesichert und wird ebenfalls über das Salzburg-Museum und über den Profil-Musik-Verlag der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Wir befürworten und unterstützen weitere Studien über das Leben, Denken und künstlerische Schaffen von Tobi Reiser und betonen, insbesondere an Arbeiten interessiert zu sein, die Fragen der politisch-ideologischen Funktionalisierung von Kunst und Kultur in den Mittelpunkt rücken.
Wir stehen dazu, dass Musik von Tobi Reiser die Veranstaltungen der Volkskultur bereichert, dass sie von Musikerinnen und Musikern aller Generationen gespielt wird und dass einschlägige volkskulturelle Impulse auch weiterhin mit den Namen Tobi Reiser verbunden bleiben und auch im künstlerischen Sinn von Tobi Reiser veranstaltet werden. Das „Ensemble Tobi Reiser“ steht für uns nicht als Name für eine ideologische Ausrichtung, sondern als Ausdruck einer Musiktradition, die von Tobi Reiser wesentlich begründet worden ist. In gleicher Weise stehen wir zum „Tobi Reiser Adventsingen“, zur Musik der von Tobi Reiser gegründeten „Flachgauer Musikanten“ und zur Vergabe eines „Tobi Reiser Preises“ für hervorragende und nachhaltige Aspekte der heimischen Volkskultur.
Bernhard Strobl, SN-Redakteur i. R., langjähriger Gitarrist im Ensemble Tobi Reiser
Karl Müller, Musikant und Literatuwissenschafter
Josef Radauer, künstlerischer Leiter des Ensembles Tobi Reiser
Roswitha Meikl, Vorsitzende des „Salzburger Volksliedwerkes“
Anton Gmachl, Senior Lecturer für diatonische Harmonika, Didaktik und Lehrpraxis an der UNI Mozarteum, Direktor Musikum Grödig,
Adolf Freudl, Vorsitzender des „Forum Salzburger Volkskultur“

 

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