Erst der Absturz, dann die Landung

BUCHBESPRECHUNG / PESCHKA / FANNI POLD

25/11/16 Ein Roman, der mit dem Absturz beginnt. Zwei Fremde, die in einem Baum hängen. Eine Frau, die aus ihrem Leben ausbricht – jede Menge erwarteter und unerwarteter Überraschungen hält Karin Peschka in „FanniPold“ für den Leser bereit.

Von Verena Resch

„Brangelina, verstehst?“ „Was?“ „Angelina Jolie und Brad Pitt. Wären wir berühmt, weißt, wie wir heißen würden?“ „Wie?“ „FanniPold“, sagt Fanni. Dieses Zitat findet sich auf dem Umschlag von Karin Peschkas neuem Roman „FanniPold“ und gehört zu den wenigen Informationen, die im Vorhinein über das Buch bekannt wurden. Welcher Leser nun glaubt, hinter FanniPold verberge sich ein Liebespaar, wurde von Titel und Klappentext erfolgreich in die Irre geleitet.

Das einzige, was Fanni und Poldi (eigentlich Leopold) – im wahrsten Sinn des Wortes – verbindet, sind Gürtel und Riemen eines Gleitschirms, die die beiden an einen Baum binden, dessen Ast in Fannis Brust steckt.

Diese groteske Situation steht am Beginn von Peschkas Roman und ist gleichzeitig Endpunkt des zweiten Handlungsstrangs. In kurzen Abschnitten, betitelt mit „Im Wald“, berichtet die Autorin von Fanni und Poldi, die nach einem missglückten Gleitschirmflug in einem Baum hängen und auf Hilfe warten. „Ist es der letzte Akt? Wann hat er begonnen? Viel früher. Fünf Wochen zuvor. Das war so.“

Alternierend erzählt die Autorin in kurzen Kapiteln, die, um den vielen Wechseln folgen zu können, mit Zeit- und Ortsangaben überschrieben sind, von den Ereignissen, die zu diesem verhängnisvollen Tag führen. Fanni ist gefangen in einem eintönigen Leben voll Alltag und Routine: kleines Haus am Land, Ehemann, zwei Kinder, ein Job als stellvertretende Filialleiterin im örtlichen Supermarkt und jeden Mittwoch Frauenstammtisch bei Mario. Sie fühlt eine Leere in sich und würde am liebsten die Zeit zurückdrehen und die Entscheidung, auf dem Motorrad ihres (damals noch zukünftigen) Ehemannes Bernhard mitzufahren, rückgängig machen.

Fanni rebelliert gegen ihr Leben, ihr erster „Streich“ wird dabei schon im Klappentext verraten: Beim allwöchentlichen Frauenstammtisch verkündet sie aus heiterem Himmel, an Krebs erkrankt zu sein – eine glatte Lüge. Doch dabei bleibt es nicht, Fanni leistet sich noch andere Ausraster, schlägt Fensterscheiben ein, zerkratzt Autos und ruft ihre Geschwister herbei: Die braucht sie, will sie doch ihr Kindheitsspiel „Noitka“ wieder aufleben lassen, mit dem sie sich bereits damals mit Hilfe der Jüngeren für kurze Zeit unsichtbar machen konnte, wenn ihr danach war. Doch es ist klar, dass das heute nicht mehr so einfach ist und Fanni ihrem selbst gesponnen Lügennetz nicht mehr so ohne Weiteres entkommen kann...

Einfühlsam erzählt die Autorin von Fannis Enttäuschungen, Ängsten und Sehnsüchten, lässt dabei auch die heimlichen Tragödien der anderen Figuren sichtbar werden und zieht den Leser schnell in ihren Bann.

Dieser zweite Erzählstrang führt schließlich zu dem Tag, an dem der verhängnisvolle Gleitschirmsprung stattfindet – einer der Wünsche, die Fanni notgedrungen als ihre Letzten nennt, möchten doch ihre Freundinnen der vermeintlich Todkranken ihre heimlichen Träume erfüllen.

Fanni und Poldi hängen also im Baum fest und nach langen Stunden des Wartens eilt endlich Hilfe herbei, doch auch auf den letzten Seiten hält Karin Peschka noch so manch überraschende Wendung bereit...

Bild: Otto Müller Verlag
Peschka, Karin: FanniPold. Roman. Otto Müller Verlag, Salzburg 2016. 309 Seiten, 21 Euro – auch als e-Book erhältlich - Otto Müller Verlag
Buchpräsentation Montag 28. November 19.30 Literaturhaus – auf Einladung von Leselampe, erostepost und prolit präsentiert Karin Peschka „FanniPold“. Elisabeth Reichart stellt an diesem Abend ihren neuen, ebenfalls bei Otto Müller erschienenen, Roman „Frühstück bei Fortuna“. vor - www.literaturhaus-salzburg.at