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Vielleicht doch keine Hirten-Pause heuer?

BUCHBESPRECHUNG / SALZBURGER HIRTENSPIELE

17/12/21 „Åber jetzt schleinig auf zum Kripperl“, ruft der kleine Aberseer Hirte nicht nur in einem Spiel von Tobi Reiser. „Vom Lungau aussa kunmm i“, erklärt ein anderer, und er hält nicht damit hinter dem Berg, dass es über den Berg, die Tauern nämlich, ein ganz ordentlicher „Hatsch“ ist.

Von Reinhard Kriechbaum

„Sakrisch“ ungeduldig ist der Aberseer genau so wie der Kollege aus dem fernen Lungau. Einen Stern haben sie alle gesehen, und manchmal haben sich auch Engel sehen lassen als Wegweiser. Egal ob beim „großen“, längst zum durchkomponierten Volksmusik-Oratorium mutierten Salzburger Adventsingen im festspielhaus oder an der Hofstallgasse gegenüber, im kleiner dimensionierten Salzburger Hirtenadvent in der Großen Aula: Wenn die Hirtenkinder auftreten, werden die Herzen der Zuseherinnen und Zuseher zum Kneten weich.

Eine Karriere als Hirtenkind – wir wollen uns nun nicht verrennen und behaupten, dass das zur DNA echter Salzbürgerinnen und Salzburger gehört. Aber es ist nun mal eine starke Tradition. „Wunderschöne Erinnerungen an Tobi und Tobias Reiser“ verknüpft damit Sepp Radauer, Kontrabassist in der Camerata und Leiter des Hirtenadvents. Zwei Musik-Seelen schlagen also in seiner Brust. Er und seine Frau Elisabeth haben Salzburger Hirtenspiele gesammelt, bearbeitet und nun in Buchform aufgelegt.

„Alle Jahre wieder gibt es zahlreiche Anfragen nach Hirtenspielen und dazu passenden Hirtenliedern, die in der Volksschulklasse, bei örtlichen Adventsingen oder in der Familie unkompliziert einstudiert und gespielt werden können.“ Das weiß Elisabeth Radauer vom Salzburger Volksliedwerk. Auf solche Nachfrage konnte man bis jetzt schwerlich mit einer Stipvisite im Archiv reagieren. „Vereinzelt finden sich im Archiv des Salzburger Volksliedwerkes zwar solche (oft schon historischen) Hirtenspiele, aber kaum eines davon ist ohne entsprechende inhaltliche und sprachliche Adaptierung heutzutage verwendbar.“

Also verändern, anpassen, sanft aktualisieren. Schon Tobi Reiser (1907–1974) hat die in den 1950er Jahren für sein Adventsingen geschriebene „Urfassung“ wiederholt adaptiert. Diese seine „Urfassung“ findet sich ebenso im Buch wie die tiefgründigen Hirtenszenen seines Sohnes Tobias Reiser (1946–l999) und die sowohl kindgerechten als auch heiteren Hirtentexte aus der Feder von Josef und Elisabeth Radauer.

Das Buch will eine Anleitung sein: Die elf Hirtenspiele sind für unterschiedlich große Kindergruppen geeignet, und sogar ein „Kammerspiel“ für zwei Kinder ist dabei – ein Dialog zwischen Engel und Hirt. Für eine alpenländische Christbaum-Performance heuer, auch in einer Kleinfamilie und bei eingeschränkten Sozialkontakten, ist es nicht zu spät. Musikalisch Neugierige können 21 Lieder, zwei Jodler und mehrere Schleunigen-Melodien ausprobieren.

Ach ja, der Schleunige: „Åber wås nehman ma eahm mit, dem Kindl?“ Diese Frage stellt sich im Hirtenspiel unweigerlich, bevor die Gruppe Richtung Krippe aufbricht. „Mia håbn jå nix. Nur gånz wenig – im Vergleich zu die heiligen drei König.“ Der Geistesblitz kommt wie das Amen im Gebet: „Doch! Mia kinnan singa und Musi måch'n.“ Und diese Musik mündet im Schleunigen, da wird gepascht und gleich wichtig wie die Volksmusikinstrumente ist die Perkussionsbegleitung auf einem Stecken, der über die Schulter gelegt wird.

Salzburger Hirtenspiele damals und heute. Herausgegeben vom Salzburger Volksliedwerk, in Zusammenarbeit mit dem Salzburger Musikverein, erarbeitet von Josef und Elisabeth Radauer. 143 Seiten, Aktionspreis 22 Euro bis Weihnachten, danach 25 Euro. Salzburg 2021 – www.salzburgervolksliedwerk.at
Bilder: Die Kinder des Hirtenadvents bei der Probe (Filmstills)

 

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