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Geschwindigkeitsrausch auf zwei Rädern und vier Beinen

BUCHBESPRECHUNG / SPEED

06/06/12 In den nächsten Tagen sind wieder die rasenden Oldtimer in Salzburg unterwegs: Rennen in der Stadt und am Gaisberg. Das hübsche Buch „Speed“, das der Stadtteilverein Liefering unlängst herausgegeben hat, erinnert an sechzig Jahre Rennsportgeschichte auf der anderen Seite der Salzach.

Von Reinhard Kriechbaum

Der Motorsport-Journalist Gottfried Grilnberger und der Lieferinger Graphiker Werner Hölzl, so etwas wie das lebende Gedächtnis des Stadtteils, haben sich auf die Fährten der regionalen Rennen gemacht. Die Autobahn hat nach dem Krieg ja eine praktikable „Piste“ abgegeben, und es war damals noch nicht so, dass man den Durchzugsverkehr nicht wegen eines Rennens hätte aufhalten können. Übrigens: Die Welt ist damals nicht untergegangen wegen der Abgase auffrisierter Motoren – so wie sie das auch nach dem Gaisbergrennen auch heuer nicht tun wird, obwohl die Bürgerliste jedes Jahr eine rauchwolkenschwarze Anti-Propaganda loslässt. Ein bisserl Unvernunft sollte schon auch sein dürfen, auch wenn die Tage mit Feistaubbelastung stark zunehmen.

Aber zurück nach Liefering: Dass man die Autobahn frei machte für Motorradrennen, war natürlich nicht selbstverständlich. Da war schon – wie in dem Buch auch dokumentiert wird – allerhand Schriftverkehr etwa mit den Landeshauptleuten Klaus und Lechner vonnöten. Das Bildmaterial, das die Autoren zusammengetragen haben, zeigt, wie viel Publikum zu solchen Anlässen von den Straßenböschungen Besitz ergriff. Sogar auf den Bäumen hockten die Schaulustigen!

Im übrigen ging es auch ohne Abgase: Der Anstieg der Lieferinger Hauptstraße Richtung Kirchenhügel hat manchen Radrennfahrer letzte Muskelkraft gekostet. Es war ja nicht so, dass die Burschen etwa zum Kirtagsrennen im August 1934 mit leichtem Gerät angerückt wären: Einfache Tourenräder besaßen diese Burschen, ein Grüppchen um den Huf- und Wagenschmiedlehrling Franz Schober, „schwer von Gewicht und unglaublich robust“. Und weil wir schon bei biologischem „Speed“ sind: Die Lieferinger Trabrennbahn war natürlich auch ein Ort des Geschwindigkeitsrausches, und diesem Bereich gilt gut die Hälfte des Buches.

Es geht um die „Events“ und um die Menschen dahinter. „Wirtschafts-, kultur- und sozialgeschichtlich interessant sind die Lebensläufe vieler Sportbegeisterter, allesamt keine Profis im heutigen Sinn“, schreibt Stadtarchiv-Leiter Peter F. Kramml im Vorwort. „Die Professionalisierung hatte den Sport noch nicht erreicht und es waren daher nahe liegende Berufe, wie Schmied oder Wagner oder später Mechanikermeister, Fahrzeughändler oder Fahrschulbesitzer, allesamt dörfliche oder städtische Honoratioren, die den Weg zu den sportlichen Karrieren wiesen.“

Wer heute seinen Traktor oder seinen Mähdrescher zur Reparatur bringt zum „Zöserl“, wird kaum auf die Idee kommen, dass ein Spross der Familie, Toni Zöserl, einst als Go-Kart-Fahrer auf der ganzen Welt herumgekommen ist. Heute zieht er als Landesbeamter deutlich ruhigere Runden. Michael Margon, Vater des jetzigen Fahrrad-Mechanikers in Liefering (eine Werkstätte übrigens, in der die Zeit stehen geblieben scheint), war ein „wilder Hund“ auf dem Motorrad.

Gottfried Grilnberger, Werner Hölzl: „Speed. Rennen 1947-2008 in Salzburg Liefering.“ Hrsg. Vom Verein Stadtteilmuseum Liefering. Erhältlich in den Salzburger Buchhandlungen und in der Raiffeisenbank Liefering, € 19,- - www.liefering.at

 

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