Das Labyrinth deiner Wörter

LESEPROBE / CHRISTOPH JANACS / DER REDE WERT

04/06/18 Von der Lektüre oder der persönlichen Begegnung mit anderen Autoren sind die Gedichte geprägt, die Christoph Janacs im Band „der Rede wert“ versammelt, wobei er auf spanisch- oder englischsprachige Dichter in deren Sprache reagiert. Eingebettet in diese vertieften Lektürebezüge finden sich auch Selbstreflexionen und Infragestellungen der eigenen dichterischen Arbeit. – Hier eine Leseprobe.

VON CHRISTOPH JANACS

kein Ende
Aufhören können, das ist nicht eine Schwäche, das ist eine Stärke.
Ingeborg Bachmann

manchmal ist es so:
du suchst nach einem Anfang
für eine Sentenz,

eine Erzählung,
vielleicht für einen Roman
oder ein Gedicht,

doch was du findest,
ist nicht einmal das Ende
eines Gedankens;

du steckst mittendrin,
und das Schlimme daran ist:
es gibt keinen Weg

aus dem Labyrinth
deiner Wörter und Sätze.
so ist es immer

principia poetica
für Richard Wall

wir erkennen das,
wofür wir Worte haben,
und werden sprachlos,

wenn sich die Welt zeigt,
wie wir sie nicht erwarten.
anders ausgedrückt:

Poesie entsteht,
wenn man die Sprache verläßt,
das rechte Wort fehlt.

in dieser Leere
ohne Zentrum und Ränder
gedeiht Erkenntnis

wor(l)d
nothingness
in words enclose?
Samuel Beckett

i cannot answer
(my knowledge is far too small),
i only can ask

i am a writer
writing about things with words
i don’t understand

this will go so long
until one question remains:
what – what is the word

poesía
Mesurem bé els silencis,
i els gests, i les paraules.
Miquel Martí i Pol
cada cosa es nada más
que cosa y mucho más

sabiéndolo el poeta convierte
las cosas en palabras

cada palabra es nada más
que palabra y mucho más

Poesie // Bemessen wir wohl das Schweigen, / die Gesten und die Wörter. // jedes Ding ist nichts / als Ding und viel mehr // dies wissend verwandelt der Dichter / die Dinge in Wörter // jedes Wort ist nichts / als Wort und viel mehr

Mit freundlicher Genehmigung der Edition Keiper

Christoph Janacs: der Rede wert. Gedichte. Edition Keiper, Graz 2018. 128 Seiten, 15,40 Euro. - www.editionkeiper.at
Bild: Adriana Haro Luviano de Rall/Edition Keiper