Der alte Mann, die Schlange und die Revolte

LITERATURFEST / ERÖFFNUNG

24/05/18 Während sich das Literaturfest vergangenes Jahr um das Thema Zukunft drehte, so wird es dieses Jahr der Revolte gewidmet. Friedrich Christian Delius, Barbara Frischmuth und Michael Fehr beglücken die Besucher bei der Eröffnung mit ihren Texten und stimmen auf die kommenden Tage ein.

Von Paula L. Trautmann

Sanfte jazzige Musik begleitet die Literaturinteressierten, die nach und nach in die große Universitätsaula strömen. Für die musikalischen Zwischentöne sorgt das Paul Widauer Trio: Lukas Kranjc am Bass, Lorenz Widauer am Piano und Paul Widauer an den Drums. Unter Applaus begrüßen Christa Gürtler und Valerie Besl die Gäste, Vertreter von Stadt und Land und danken den diversen Partnern. Nach zehn erfolgreichen Jahren übernimmt das Frauen-Duo statt Literaturfest-Gründer Jochen Jung und Klaus Seufer-Wasserthal die Verantwortung für das Programm. Christa Gürtler betont in ihrer Rede die Dringlichkeit des Themas: „Es erscheint umso wichtiger das Thema Revolte zu thematisieren, vor allem, da sich Rechte den Begriff zu eigen machen.“ Landesrat Heinrich Schellhorn erklärt zudem: „Das Literaturfest ist tief verankert im kulturellen Leben der Stadt und des Landes.“

Eine New Yorker Kneipe und fünf Musiker, deren Free Jazz auf die Hörnerven der Besucher „einprügelt“. So beschreibt der deutsche Schriftsteller Friedrich Christian Delius die Situation zu Beginn seiner neuen autobiografischen Erzählung „Die Zukunft der Schönheit“. Es ist die Geschichte eines jungen Deutschen, der für die unerhörte Musik des Saxophonisten Albert Ayler zunächst nur Unverständnis aufbringen kann, dann jedoch Sinn in der „kreischenden Lebendigkeit“ findet. „Das Stück wollte kein Ende nehmen, so wie der Krieg kein Ende nehmen wollte“, vergleicht Delius. Der biografische Roman weist eine unglaubliche Tiefe auf und behandelt den Prozess des Verstehens und Kennenlernen des eigenen Selbst. Delius ist ein Wortkünstler und die Lesung stellte eine spannende und mitreisende Reise für die Besucher dar.

Teufel mit Hörnern und Zähnen bis zum Hals – die Protagonistin in Barbara Frischmuths Debüt „Die Klosterschule“ aus dem Jahr 1968 fürchtet sich vor diesen Gestalten. Das Buch handelt von den Sprachregelungen eines katholisches Internats und dem Aufbegehren der Schülerinnen. Barbara Frischmuth liest eine Stelle, in der sich ein Mädchen im Fieberwahn befindet. „Es tut nicht weh, aber niemand hat mich gefragt“, wehrt sich die Schülerin gegen eine Untersuchung. Das Thema Revolte ist demnach durchaus zu erkennen und passend zum Literaturfest ausgewählt.

Der krönende Abschluss des Abends stellt die Performance von Michael Fehr dar, die schon fast eine humoristische Glanzleistung ist. Er trägt etwas aus seinem neuen Erzählband „Glanz und Schatten“ vor. Die Geschichte heißt „Die Königin im Wald“ und handelt von einem alten Mann, der von einer Schlange bedroht wird. Voller Inbrunst und Leidenschaft führt Fehr die Besucher durch seine Erzählung. Seine Art zu sprechen, seine Mimik und Gestik füllen den Saal mit Leben – eine einzigartige Darbietung. Der alte Mann und die Schlange unterhalten sich über ihre Stärke, er glaubt ihr nicht und lehnt sich letztendlich gegen sie auf. Die Menge applaudiert, der Abend klingt langsam aus und die Besucher des Literaturfestes können sich auf viele weitere Veranstaltungen freuen.

Das Literaturfest Salzburg dauert bis Sonntag, 27. Mai – www.literaturfest-salzburg.at
Bilder: Literaturfest Salzburg