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Die Grandsigneure von Rauris

HINTERGRUND / RAURISER LITERATURTAGE

12/04/21 Michael Köhlmeier, daheim in seinem Arbeitszimmer, schaukelt gemächlich im besten Stuhl für seinen Hintern und ist eins mit sich und der Rauriser Kulturwelt. Der Rauriser Förderpreis 1974 war für ihn der Start als freier Schriftsteller, den Hauptpreis 1983 sieht er als Bestätigung für seine Arbeit. Norbert Gstrein, Preisträger von 1989 liest direkt im Mesnerhof in Rauris.

Von Gabriele Buchberger

Köhlmeier und Gstrein – ein fulminanter Abschluss der Rauriser Literaturtage! Michael Köhlmeier las aus seinem Erstlingswerk, dem Peverl Toni und Norbert Gstrein stellte seinen heuer erschienen Roman Der zweite Jakob vor.

„Don´t look back,“ meint der Köhlmeier in Anspielung auf seinen Lieblingssongwriter Bob Dylan und doch erinnert er sich gerne an seine Rauriser Zeit. Die persönliche Begegnung mit H.C. Artmann wurde ihm zum Schlüsselerlebnis. „Dieser Mann tut was er will, er ist in seiner Arbeit absolut frei, das ist der Grund, warum man Künstler werden will.“ Köhlmeier wird vom Moderator, Literaturhaus Salzburg-Leiter Tomas Friedmann, als der erfolgreichste und produktivste österreichische Schriftsteller bezeichnet. Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Köhlmeier erhebt auch als Bürger dieses Staates seine Stimme. Ob im Parlament als Redner oder im Standard mit journalistischen Beiträgen: Köhlmeier hat, nicht nur zwischen den Buchdeckeln, etwas zu sagen. Er ist ein politischer Mensch, der die Dinge beim Namen nennt und klar seine Position, als Bürger einerseits und als Schriftsteller andererseits, abgrenzt.

„Ein Autor ist dem schriftstellerischen Ethos verpflichtet und das heißt auch, dass er seine Hauptfigur lieben muss und sie nicht wie eine Schießbudenfigur zum Abschießen frei geben darf“, so Köhlmeier. Zu seinem ersten Roman Der Peverl Toni und seine abenteuerliche Reise durch meinen Kopf gibt der Autor einige Anekdoten preis. So sei der Beginn, „Aus. Vorbei“ seiner damaligen Freundin und nunmehr langjährigen Ehefrau Monika Helfer geschuldet. Und in einem Anflug von jugendlichem Größenwahn habe er das erste Abenteuer des Protagonisten an Dantes Göttliche Komödie angelehnt. Einige Male habe er, so Köhlmeier im digitalen Gespräch mit Tomas Friedmann, den Text überarbeitet, bis er endlich zufrieden war und der Roman in Druck gehen konnte.

Einige Passagen aus dem Erstling konnte das Rauris-Publikum im Stream genießen. Köhlmeiers Aussprache und Sprechmelodie sind ein Ohrenschmaus. Seine Stimme verzaubert, man wird eingehüllt in eine Welt aus Träumereien. Gespannt kann man auf Köhlmeiers neuestes Buch sein, das im Herbst erscheinen wird. Es handelt von der Lebensgeschichte einer Katze. Nur so viel kann hier verraten werden: Der Roman wird 2022 in Rauris vorgestellt!

Norbert Gstrein, Literaturpreisträger von 1989 für den Roman Einer, ist direkt in Rauris, liest im Mesnerhof. Gstrein ist mittlerweile darin geübt, Lesungen ohne Publikum zu halten. Für seinen jüngsten Roman Der zweite Jakob, 2021 im Hanser Verlag erschienen, erhielt er den Düsseldorfer Literaturpreis. Der Plot des Romans ist schnell umrissen: Vom erfolgreichen Schauspieler Jakob soll eine Biografie erstellt werden. Anlass ist sein sechzigster Geburtstag. Der Schauspieler kann sich mit dem Gedanken nicht anfreunden, weil sich alles nur noch um seine Vergangenheit dreht. Der Biograf Elmar Pflegerl ist bemüht seine Sache gut zu machen, scheitert aber am brüsken Verhalten des Schauspielers.

„Jetzt kommen sie und holen Jakob“, ist laut Gstrein der einzig reale Satz in diesem Roman. Dieser Jakob ist der „komische“ Onkel und der Autor selbst hat von seiner Familie vorausgesagt bekommen, er werde genauso schlimm enden wie sein Onkel. Der zweite Jakob – reine Fiktion? Nur nebenbei erwähnt: Norbert Gstrein feiert im Frühsommer seinen Sechziger.

Die auf fs1 gestreamten Veranstaltungen der Rauriser Literaturtage sind noch ein Monat lang abrufbar - fs1.tv rauriser-literaturtage-2021
Bilder: Stills aus dem Livestream / www.youtube.com
Für DrehPunktKultur berichten Studentinnen und Studenten von Marlen Mairhofer und Clemens Peck im Rahmen der Lehrveranstaltung „Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2021)“ am Fachbereich Germanistik von den im Live-Stream stattfindenden Rauriser Literaturtagen 2021.

 

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