"Spinnen im Kopf"

LITERATURHAUS / BUCHPRÄSENTATION

24/11/10 Schreiben bedeutet, die „Innereien der Tatsachen in Wörter zu verpacken“: So umschreibt Herta Müller ihr Schaffen als Schriftstellerin. Müllers Worte und Aussagen anderer „intelligenter Leute“ dienen der Autorin Sabine Gruber als etwas großspurig genutzte Leihgaben.

LITERATURHAUS / BUCHPRÄSENTATION

24/11/10 Schreiben bedeutet, die „Innereien der Tatsachen in Wörter zu verpacken“: So umschreibt Herta Müller ihr Schaffen als Schriftstellerin. Müllers Worte und Aussagen anderer „intelligenter Leute“ dienen der Autorin Sabine Gruber als etwas großspurig genutzte Leihgaben.

Von Magdalena Stieb

alt15 Schriftstellerinnen, unter ihnen Olga Flor, Elfriede Jelinek, Elfriede Kern oder Kathrin Röggla, waren eingeladen, ihr Schreiben zu reflektieren. Daraus entstand die Anthologie „Schreibweisen.Poetologien“, mit der die Literaturwissenschafterin Hildegard Kernmayer bereits den zweiten Band einer Bestandsaufnahme des Schreibens österreichischer Autorinnen vorlegt.

Den literarischen Beiträgen wurden jeweils literaturwissenschaftliche Untersuchungen nebengeordnet. Diese „Zwiegespräche“ zwischen Poetik und Literaturwissenschaft "sollen das Schreiben zeitgenössischer österreichischer Autorinnen in seiner formalen und thematischen Vielfalt erhellen". Aus der Kooperation von Schriftstellerinnen und Literaturwissenschaftlerinnen wurde zunächst wieder ein Buch im Milena Verlag: „Schreibweisen. Poetologien.“

Mit Sabine Gruber präsentierte Uta Degner - Lehrende am Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg und Verfasserin des wissenschaftlichen Kommentars zu Elfriede Jelineks Beitrag - eine der Autorinnen, die in dem vorliegenden Band eine Reflexion über ihr eigenes Schreiben und Werk liefert.

Gruber las aus ihrem poetologischen Text „Die Neuerfindung des Privaten“. Wie die Autorin selbst betonte, findet sich in ihrer Betrachtung des Schreibens nichts Neues: Ganz in ihrem Verständnis des Schreibens als "spinnen von Wortfasern zu Satzfäden“ fügt Gruber Zitate ihrer literarischen Vorgänger und –bilder zu einem dadurch unselbstständigen Textgewebe zusammen. Selbst Musils Ulrich kann nicht umhin, einen Kommentar abgeben zu müssen.

Dass das Verfassen von Aufsätzen nicht zum eigentlichen Tätigkeitsbereich der Autorin gehört, bezeugen die fehlgeleitete Bezugnahme auf Pierre Bourdieu und Ausspracheschwierigkeiten mit dem Vornamen Leszek Kolakowskis. Bezieht man sich als Germanistin mit großen Gesten auf große Namen, sollte es doch korrekt dabei zugehen.

Mit einer Kostprobe aus dem 2007 erschienenen Roman „Über Nacht“, der an einigen Stellen das schriftstellerische Material für den Aufsatz bot, fand Sabine Gruber zu ihrer eigentlichen Profession zurück und verlieh dem Abend einen reizvollen Abschluss.

Bild: LH/Karl-Heinz Ströhle