Tank- und Brutstellen des Geistes

BÜCHERTANKSTELLE / LITERATURHAUS

31/05/12 Wer mitten in der Nacht aufwacht und Entzugserscheinungen spürt - „Ich brauche ein Buch“ – muss nicht mehr darben, bis die Bibliotheken öffnen. Die „Büchertankstellen“ vor dem Literaturhaus und vor der ARGE sind Tag und Nacht geöffnet. Auch geben sie ihren geistigen Kraftstoff gratis ab.

Von Heidemarie Klabacher

Der Doktor Schiwago, die Tante Jolesch, der Rote Ritter, die Zauberfrau – und erstaunlich viele andere literarische Figuren tummeln sich auf nur einem Quadratmeter. „Unsere ’Büchertankstelle’ ist ein öffentlicher Bücherschrank. Jeder, der vorbeikommt, kann Bücher herausnehmen oder Bücher einstellen“, sagte Literaturhausleiter Tomas Friedmann heute Donnerstag (31.5.) bei der Eröffnung der ersten „Büchertankstelle“. Etwas „Alltägliches“ sollte es sein, etwas, das keine Hemmschwellen aufbaut, natürlich wetterfest, aber trotzdem keine geschlossene Vitrine, die man sich womöglich nicht zu öffnen traut: „Telefonzellen ist man noch gewohnt, auch wenn sie rar geworden sind.“

Unter dem Motto „Lesefutter für Bücherwürmer“ eröffnete das Literaturhaus Salzburg seine erste „Büchertankstelle“ auf dem „H.C. Artmann-Platz“ vor dem Literaturhaus. Eine zweite Büchertankstelle steht auf dem Gelände der ARGEkultur. „Gestern in der Nacht haben wir die Bücher eingestellt, heute früh waren schon zwanzig Bücher weg“, freut sich Tomas Friedmann über das prompte Leser-Interesse. Ob dieselben - oder andere - Bücher auch wieder zurückkommen, werde man sich anschauen.

Aufgestellt sind die Büchertankstellen, für die zwei alte Telefonzellen umgebaut wurden, vorerst für ein Jahr. Ehrenamtliche Paten werden ein Auge auf die Bücherzellen haben, die Schränke warten, die Bücher sortieren und die Buchvorräte auffüllen. „Jeder ist eingeladen, selber Bücher einzustellen. Wer Bücher abzugeben hat, muss keinen Flohmarkttisch mehr mieten.“

Die Idee sei nicht neu, betont Friedmann. Schon in den 1990er Jahren habe die Initiative "Freies Lesen" Bücherkästen aufgestellt: „Der erste öffentliche Salzburger Bücherschrank stand im Lungau. Wir haben die Idee wieder aufgegriffen und freuen uns nun, dass es gelungen ist, das Projekt mit Unterstützung einiger Sponsoren umzusetzen.“ Listen mit Adressen von Bibliotheken, Buchhandlungen und Buchverlagen liegen in den Bücherzellen ebenfalls auf – falls jemandem ein Quadratmeter Bibliothek auf Dauer doch zu eng werden sollte.

Bilder: dpk-klaba