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Grenzgänge meinungsfroher Autoren

IM INTERVIEW

23/04/15 Heute ist Welttag des Buches. Das Literaturfest nützt die Gelegenheit, auf sich selbst hinzuweisen. Was fällt den drei Literaturfest-Organisatoren – Christa Gürtler, Jochen Jung und Klaus Seufer-Wasserthal – zum Thema „Grenzen“ ein?

Woran denken Sie beim Festival-Motto „Über Grenzen“?
Jochen Jung: Ich denke vor allem an die vielen Grenzen, die im Laufe meines Lebens verschwunden sind.
Christa Gürtler: „Grenzen“ sind ein Begriff, der viele Dimensionen hat, aber immer kulturell und gesellschaftlich definiert und festgelegt wird – auch vorgeblich natürliche Grenzen verändern sich.
Klaus Seufer-Wasserthal: Wenn jetzt wieder öfter Grenzen, die angeblich notwendig sind, gefordert werden, wollen wir beim Literaturfest über Abbau und Drübergehen sprechen.
Eignet sich die Literatur im Vergleich zu anderen Kunstformen besonders für das Ausloten von Grenzen?
Jochen Jung: Formen sind immer fixe Gebilde, die sich gut verändern oder sogar niederreißen lassen. Für Inhalte gilt das ja sowieso.
Klaus Seufer-Wasserthal: Literatur setzt Grenzen, Literatur überwindet Grenzen, Literatur ist grenzenlos!
Christa Gürtler: Ja, weil sie durch das Entwerfen anderer literarischer Welten ein Nachdenken über reale Grenzen ermöglicht und zur Relativierung beitragen kann.
War die formale Grenzüberschreitung in der Literatur schon einmal wichtiger als heute?
Jochen Jung: Formal sicher, inhaltlich sicher nicht: Es gibt zu viele Themen, die die meinungsfrohen Autoren gern gründlich behandeln.
Christa Gürtler: In der Postmoderne haben sich die Kategorien der Grenzüberschreitung verändert, aber die formale Grenzüberschreitung bedeutet auch heute noch Innovation, nur ist sie schwieriger geworden – vieles wurde literarisch schon ausprobiert!
Klaus Seufer-Wasserthal: Vielleicht wurde das, was man experimentelle Literatur nennt, schon einmal stärker wahrgenommen, aber wenn ich an Anna Kim und Yoko Tawada denke, werden hier immer wieder Grenzen ausgelotet.
Welche Autoren des Literaturfestes sind Grenzüberschreiter in ihrer Literatur?
Klaus Seufer-Wasserthal: Jede Autorin, jeder Autor muss immer wieder Grenzen überschreiten, egal ob inhaltlich oder formal. Nur so ist Kunst, die ernstgenommen werden will, möglich.
Christa Gürtler: Alle überschreiten Grenzen, besonders spannend ist die Grenzüberschreitung zwischen Literatur und Musik in der Performance von Yoko Tawada und Aki Takase!
Jochen Jung: Thomas Kunst hat auffallend viel Vergnügen daran, fixe Lyrikgrenzen nicht zu beachten. Und Erzabt Korbinian Birnbacher, falls er sich auch als Autor sieht, muss jeden Sonntag über Grenzen, indem er vom Nicht-Sagbaren spricht.
Es gibt einige Veranstaltungen zum Motto – was erwartet die Besucher?
Jochen Jung: Über unser aller Verhältnis zu Grenzen nachzudenken, ist beinahe Pflicht, sie fordern uns täglich heraus: politisch, moralisch, ästhetisch. Die Autoren bringen uns dazu, darüber nachzudenken, wo die eigene Position ist.
Klaus Seufer-Wasserthal: Die Besucher dürfen sich freuen auf einen Nachmittag mit Frank Günther, wenn er über die Schwierigkeiten des Übersetzens von Shakespeare spricht, oder auf eine Mittagsstunde mit Barbara Yelin, die mit zeichnerischen Mitteln eine aktuelle Geschichte über Fremdenfeindlichkeit und die Grenzenlosigkeit der Liebe erzählt.
Christa Gürtler: Grenzüberschreitungen und Grenzverletzungen lassen uns gesellschaftliche Ordnungen reflektieren, ob bei Veranstaltungen in der Synagoge, im Jazzit, in Galerien oder anderen Orten – lassen Sie sich überraschen! (Literaturfest Salzburg) Das Literaturfest Salzburg findet von 27. bis 31. Mai statt. „Über Grenzen“ ist das Motto. – www.literaturfest-salzburg.at

Bild: Literaturfest Salzburg
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