Krokodil und Tupfentiger

LITERATURFEST SALZBURG / LYRIK / KINDERPROGRAMM

06/04/16 „Der ganze Geist-Reichtum der Literatur ist heutzutage in der Lyrik viel besser aufgehoben, als in der Prosa - vom Gegenwartstheater ganz zu schweigen.“ Die Lyrik-Matinee auf der Edmundsburg, Abschluss und Höhepunkt des Literaturfestes, ist denn auch - „Das verhehle ich nicht“ - die Lieblingsveranstaltung von Jochen Jung.

Von Heidemarie Klabacher

„Die Prosa zeigt heutzutage wenig Mut, was formale Dinge betrifft.“ Viele Autoren seien damit befasst, ihre Geschichten zu erzählen, und zufrieden, wenn das einigermaßen gelingt. Von formaler Raffinesse sei wenig zu spüren. Dabei seien der Sprache gerade über die Form ihre raffinierten Facetten abzuringen. „In der Lyrik zeigt sich in der Gegenwartsliteratur der ganze Mut, formale Grenzen auszuloten und zu erweitern.“

Es sei ihm ein Anliegen, beim Literaturfest auch ein möglichst breites Spektrum der Gegenwartslyrik zu präsentieren, betont Jochen Jung. „Und das ist uns heuer besonders gut gelungen, mit einer raffinierten Erweiterung in die Vergangenheit“, sagt der Verleger, der zusammen mit Christa Gürtler und Klaus Seyfer-Wasserthal, das Literaturfest Salzburg leitet. Gunhild Kübler wird in der Lyrik-Matinee zum Abschluss des Literaturfestes aus ihrer viel gelobten Übersetzung der Gedichte von Emily Dickinson lesen. Zu Lebzeiten der amerikanischen Autorin (1830 bis 1886) sind kaum mehr als zwei, drei Gedichte erschienen. Das unter Insidern geradezu legendäre lyrische Werk ist im Nachlass in Schubladen und Schachteln aufgefunden worden.

„Präzise Mikroszenen“ seien die „Gedichte der verlangsamten Raserei“ der österreichischen Schriftstellerin Evelyn Schlag. Themen der Dichterin, die zu Zeitreisen in die Geschichte einlädt, sind Liebe, Natur und technisierte Umwelt. Dadurch seien „Vokabeln in die Lyrik gekommen, die man vorher hier noch nicht gesehen hat“, sagt Jochen Jung.

Die dritte Autorin bei der Lyrik-Matinee am 22. Mai auf der Edmundsburg ist die kookbooks-Verlegerin und Lyrikerin Daniela Seel. Sie frage in den Gedichten ihres Bands „was weißt du schon von prärie“ danach, wie „Fiktionen den eigenen Alltag formen und mit welchen sprachlichen Mitteln man dem entgegenwirken kann“. Sebestyén Ludmany wird die Dichterinnen auf dem Cello durch den Vormittag begleiten.

Das Kinderprogramm war den Verantwortlichen vom ersten Literaturfest an ein großes Anliegen, so Klaus Seufer-Wasserthal. Zu Gast im Kinderprogramm am 19. und 20. Mai jeweils vormittags im Filmkulturzentrum „Das Kino“ sind Fredrik Vahle, Sonja Kaiblinger und Gabriela Hoffmann. Man sei sich zunächst nicht sicher gewesen, ob der Doyen der deutschsprachigen Kinderliedermacher und Autor Fredrik Vahle den heutigen Lehrerinnen und Lehrern noch bekannt genug sei, erzählt Seufer-Wasserthal. „Der Termin war nach innerhalb eines einzigen Vormittags ausgebucht. Jetzt gibt es einen zweiten Termin, der ist auch ausgebucht. Vielleicht gibt es noch den einen oder anderen Stehplatz für Erwachsene irgendwo an der Seite…“

Sonja Kaiblinger ist, ebenfalls am Donnerstag, mit mit ihrer kultigen „ScaryHarry“-Abenteuerreihe zu Gast. Sie erzählt Kindern von Neun bis Zwölf von Emily, Otto und deren Kumpel Harold, genannt „Scary Harry“, dem „nicht ganz und gar ungruseligen Sensenmann“, dem sein Job gehörig auf den Geist geht und lieber einmal Urlaub machen möchte, statt dauernd Seelen einzusammeln. „Der Freitag ist schließlich wunderbaren Wortschöpfungen, lauten und leisen Sprachklängen, verschnörkelten Sätzen und fantastischen Geschichten von Gabriela Hoffmann gewidmet.“ Es geht aufregend zu, wenn die „Ks“ und „Ts“ in den Büchern nicht mehr an ihrem Platz bleiben wollen.

www.literaturfest-salzburg.at - Das Kinderprogramm wenigstens zum Nachlesen
Bilder: Zsolnay Verlag/Regine Hendrich (1); Michael Wendl (1); Literaturfest (1)
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