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Hoch lebe die Langeweile

MOZARTWOCHE / FRANUI / PETER SIMONISCHEK

29/01/17 „Alle großen Bücher enthalten langweilige Stellen, und die Lebensläufe aller Großen weisen öde Strecken auf.“ Bertrand Russel – 1872 bis 1970 – war ein Philosoph, er muss es also wissen. Philosophen sind kluge Leute. Manchmal ist es ja sogar im besten Konzert ein wenig langweilig. - Peter Simonischek und die Musicbanda Franui singen mit „Ennui“ das Lob der Langeweile.

Von Heidemarie Klabacher

„Geht es immer so weiter?“ Die Frage brannte nach gut einer Stunde dann doch schon ein wenig unter den Nägeln. Werkausgaben-weise schien Peter Simonischek bereits aus Wälzern von Blaise Pascal, Arthur Schopenhauer, Søren Kierkegaard, Bertrand Russell oder Walter Benjamin gelesen zu haben.

Dem Generalthema der neuen Franui-Produktion „Ennui. Geht es immer so weiter?“ stellte Peter Simonischek das facettenreiche Timbre seiner virtuos modulierten und modulierenden Sprechstimme gegenüber, samt messerscharf aufblitzender Ironie, die sich da und dort Bahn brach im Heller-Werden des Stimmklangs.

Hat Pascal nicht recht, wenn er findet, „dass alles Unglück der Menschen einem entstammt, nämlich, dass sie unfähig sind, in Ruhe in ihrem Zimmer sitzen zu bleiben“? Neben den Lehren der Philosophen sieht die Dramaturgie von Franui-Leiter und Chef-Denker Andreas Schett ein paar scharfkantige Blüten der Poesie vor. Etwa Hans Magnus Enzensbergers Lied von denen auf die alles zutrifft und die alles schon wissen zur Tuba, im Sprechgesang intoniert von Franui.

Auf die Spitze getrieben wurden Langeweile und Ironie freilich von Peter Simonischek mit Ernst Jandls Gedicht Leise Unruhe: „Geht es immer so weiter?“ Wie hoffnungsvoll Simonischeks siebte Wiederholung dieser Frage, in die hinein ein wundersames Mozart-Zitat erklingt: „Ach, ginge es doch immer so weiter.“

Es wird ja nicht nur gelesen, sondern auch musiziert. Die Philosophie wird unterbrochen oder untermalt, irritiert oder persifliert von musikalischen Schnipseln aus Werken von Mozart und Eric Satie – welche im Gewande von Franui ohnehin kaum voneinander zu unterscheiden sind. Franui spielen ja schon länger nicht mehr ausschließlich Trauermärsche: Im musikalischen Zentrum ihrer Produktion zu Ehren der Langeweile, uraufgeführt am Freitag (27.1.) bei der Mozartwoche, stehen Schnipsel Divertimenti, Kassationen und Serenaden. Dazu kommen „musikalische Inseln“ von Eric Satie und „Einwürfe“ von Schubert, Bartók und John Cage. Der betörende Sound von Basstuba und Hackbrett, Trompete und Harfe führt ohnehin die Werke aller Epochen auf ihren innervillgratener Originalklang zurück.

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Bilder: ISM/Wolfgang Lienbacher
 

 

 

 

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