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Gesang, Schweben, Liebe

MOZARTWOCHE / JÖRG WIDMANN

24/01/18 Es war auch schon mehr Zeitgenössisches im Programm versteckt. 2018 ist Jörg Widmann, Jahrgang 1973, der einzige Vertreter der Neuen Musik: Vier Kammermusikwerke und ein Orchesterstück erklingen bei der am Freitag (26.1.) beginnenden Mozartwoche. Darunter die Österreichische Erstaufführung des 2017 komponierten Klarinettenquintetts.

Von Heidemarie Klabacher

„Ein Klarinettenquintett zu schreiben“, sagt Jörg Widmann, „bedeutet für jeden Komponisten etwas ganz Besonderes. Zu wissen, welche Bedeutung für die Musikgeschichte und welche Stellung im Leben die Quintette von Mozart und Weber, und natürlich die Schwanengesänge von Brahms und Reger haben, macht die Sache für die nachfolgenden Komponisten nicht gerade einfacher.“ Ein erster Anlauf, 2009 ist denn auch „mit einer Vielzahl unausgegorener Adagio-Takte“ gescheitert: „Die Musikgeschichte, die mir sonst Lust bereitet, darauf aufbauend Neues, Anderes zu erfinden, wurde mir plötzlich zur Last.“

„Doch acht Jahre später, 2017, griff Widmann den Plan wieder auf“, schreibt Gottfried Franz Kasparek im Almanach zur Mozartwoche und zitiert den Komponisten: „Ich spürte sofort, dass sich das Warten gelohnt hatte, die Musik strömte nur so aus mir heraus. Auch das Wissen darum, das Werk gemeinsam mit dem Hagen Quartett zur Uraufführung zu bringen, beflügelte mich. Mit wohl keinem andern Streichquartett verbindet mich eine so innige und intensive gemeinsame Geschichte.“

Entstanden ist „ein einziges, etwa 40-minütiges Adagio“. Bis auf „wenige Ausbrüche“ spiele sich das ganze Werk „in dem so faszinierenden wie gefährlichen Zwischenbereich von Statik und Fluss ab, um dann in noch tieferen oder höheren Sphären zu singen, zu schweben“. So wünscht es sich der Komponist jedenfalls: „Gesang, Schweben, Liebe: in kaum einem anderen Stück habe ich mich diesen Topoi so hemmungslos gewidmet wie in diesem meinem Klarinettenquintett.“

Natürlich gebe es „Anverwandlungen mozartischer Motive“, berichtet Gottfried Franz Kasparek. Doch seien diese sind so fein nuanciert, so natürlich in den Fluss der Musik eingewoben, dass sie hier gar nicht näher analysiert sein sollen: „Wer es hört, kann es genießen.“

Zum Formalen: „Das Quartett ist natürlich nur selten Begleiter der Klarinette, sondern meist Dialogpartner.“ Ein Andantino-Teil vermittle schon beim lesen überirdische Schönheit und Klarheit. Auch zeitgenössische Spieltechniken – „zum Beispiel ‚nur Luft durchs Instrument, heller Klang‘ – kommen vor, verrät der Experte. Wir dürfen gespannt sein.

Anton Stadler (1753–1812), nach dem Mozarts legendärer Beitrag zur Gattung- das Quintett A-Dur für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello KV 581 - im Beinamen genannt wird, „war einer von Mozarts Freimaurer-Logenbrüdern und eine zwiespältige Persönlichkeit“, schreibt Gottfried Franz Kasparek im Almanach. „Er ging im Mozart‘schen Haushalt aus und ein und wurde vom Hausherrn scherzhaft ‚Ribieslgesicht‘ genannt.“ Wahrscheinlich weil er beim Spielen einen roten Kopf bekam. „Freund Stadler“ jedenfalls habe sich schwer getan mit dem Rückzahlen von Schulden, was im Falle Mozarts verbürgt sei: „Fünfhundert Gulden, die ihm der ach so notleidende Mozart geborgt hatte, fanden offensichtlich nie mehr den Weg zurück. Angeblich verpfändete Stadler nach dem Tod des Komponisten sogar dessen ihm gewidmete Partituren, weshalb wahrscheinlich die Handschriften von Mozarts Klarinettenwerken Großteils verschwunden sind und die Wissenschaft auf frühe Editionen angewiesen ist.“

Auf jeden Falls, so Kasparek, sei der schwierige Mensch ein begnadeter Virtuose gewesen, geschätzt von Mozart und der Kritik anno 1785: „Hat doch dein Instrument einen Ton so weich, so lieblich, dass ihm niemand widerstehen kann, der ein Herz hat.“ Das Hagen Quartett und Jörg Widmann spielen bei ihrer Matinee am 1. Februar beide Quintette.

Jörg Widmann, der Komponist und Klarinettist, hat sein Klarinettenquintett 2017 geschrieben. Das Stück ist eine Nacional de Difusión Musical Madrid, Muziekgebouw und Strijkkwartet Biennale Amsterdam, Lugano Musica, Carnegie Hall, Cité de la Musique Paris, Stiftung Mozarteum, Philharmonie Essen und Wigmore Hall mit Unterstützung von André Hoffmann, Präsident der Hoffmann Stiftung Schweiz.

Werke Jörg Widmanns erklingen in der Mozartwoche von 26. Jänner bis 4. Februar in folgenden Konzerten - #07 am 28. Jänner, #18 am 1. Februar, #21 am 2. Februar und #27 am 4. Februar - www.mozarteum.at
Bild: ISM/Marco Borggreve (1); Schott Music Gmbh&Co KG Mainz

 

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