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#Me too im Lied

MOZARTWOCHE / MOZARTIADE

29/01/21 Eine Mozartiade mit 25 Nummern: Das ist beinah das ganze Liedschaffen Mozarts. Syliva Schwartz, Mauro Peter und Magdalena Kožená haben – begleitet von Elena Bashkirova auf dem Klavier – die Sterne in diesem Mikrokosmos zum Leuchten gebracht.

Von Heidemarie Klabacher

„Wähnt nicht, dass wahres Unglück sei auf meiner Erde, Belehrung ist es nur!“ Sag das mal einer den Corona-Geplagten. „Liebt euch, euch selbst und eure Brüder! Körperkraft und Schönheit sei eure Zier!“ Genau! Wenn der Mensch im Home Office sich selbst auf die Nerven und seinen Brüdern und Schwestern vor allem aus dem Wege geht... Und woher Körperkraft ohne Fitness-Studio? Eine der nervigeren Nummern des gesamten Lied-Repertoires ist – nicht nur in Pandiemiezeiten – die Kantate für eine Singstimme und Klavier Die ihr des unermesslichen Weltalls Schöpfer ehrt.

Bei der digitalen Mozartwoche aber durfte KV 619 eine ganz neue Seite sehen lassen. Der Text, triefend von Freimauer-Pathos, lässt sich nicht wegschminken. Aber was sonst oft als aufdringliche Besserwisserei mit Hang zur Endlosigkeit rüberkommt, machte der Tenor Mauro Peter zu einem Lob auf den aufrechten Gang. Exemplarisch in der Genauigkeit der Textgestaltung wie in der Geschmeidigkeit der Stimmführung. Da werden tatsächlich aus Klagen Jubeltöne – bei solcher Gesangskultur.

Wie Mitgefühl und das rechte Wort im rechten Augenblick Mut und Leben retten können, davon erzählt Ich würd’ auf meinem Pfad mit Tränen... Ein bisserl Parsifal/Amfortas schwingt in KV 390 mit, wenn der Freund daherkommt und einfach sagt „Ich kenne deine Not“. Auch das ein Lied zur Stunde – in der Interpretation von Mauro Peter auf der Höhe der Liedinterpretation dieser Tage.

Zum Ausgleich von soviel Ethos wusste der Tenor zuvor etwa die Anzüglichkeiten in der Verschweigung KV 518 delikat und elegant zu verschleiern. Es war gute Dramaturgie, nach den ganzen Freimauer-Weisheiten ausgerechnet der schnippischen Kleinen Spinnerin aus KV 531 das Wort zu geben: Magdalena Kožená, die zuvor mit Witz und Ironie und stupender Technik schon für Luisa die Briefe des ungetreuen Liebhabers in Zorn und Rauch aufgehen hatte lassen, wies Fritzens Zudringlichkeiten spitz in die Schranken.

Das Lied Abendempfindung an Laura KV 523 lässt, wann immer es gesungen wird, die Welt langsamer sich drehen. Auch Magdalena Kožená nahm den Hörer mit auf eine Reise ins Land der Ruh. Kein Applaus im Stream, keine Zugaben. Aber für da capos kann man am Bildschirm ohnehin selber sorgen. Vierzehn Tage lang gilt der online-Zugang: Da wird die Abendempfindung noch öfter mal dran kommen. Vielleicht aber auch das Lied der Trennung KV 519: Da steigert die Kožená gewöhnlichen Liebeskummer zum Bild „modernster“ existentieller Not und Vereinsamung: „Ach denk’ an unser Scheiden, dies tränenlose Schweigen...“ Auch hier war es gute Dramaturgie, danach der Pianistin Elena Bashkirova Bühne und Aufmerksamkeit alleine zukommen – und ihre delikate Lesart der Fantasie d-Moll für Klavier KV 397 erklingen zu lassen.

Die dritte Stimme in dieser hochkarätigen Mozartiade am Donnerstag (28.1.) gehört Sylvia Schwartz, die die Sehnsucht nach dem Frühlinge KV 596 beschwor oder den frechen Amor (noch so ein Fall sexueller Belästigung im Lied) in Dans un bois solitaire KV 308 in die Schranken wies – mit delikaten Nuancen des Expressiven. Ein Stream fast wie ein Konzert.

Das Konzert wird am 9. März um 14.05 Uhr auf Ö1 gesendet - mozarteum.at
Bilder: Stills aus dem Stream

 

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