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Der Intendant als „Schreier“

MOZARTWOCHE / LOTERÍA MOZARTIANA

26/01/23 Kommt der Intentant aus Mexio, kriegt die Mozartwoche mexikanisches Flair. Da gibt's gleich zwei Mozart-Requiems auf dem Podium + eines auf der Leinwand, was erstaunt. Sombreros auf dem Mozartplatz sind dagegen schon so vertraut, wie Filzhut und Gamsbart. Authentisch an Rio Grande und Salzach ist die Lotería Mozartiana.

Von Heidemarie Klabacher

„Rolando Villazón hat die Motive im Großformat vor sich aufgestapelt und hebt sie der Reihe nach hoch: Wer etwa Die Trommel auf seiner eigenen Karte findet, macht bei der Trommel ein Kreuzerl oder legt eine Bohne drauf. (Wir haben zu sagen vergessen, dass jeder Gast auch ein Sackerl Bohnen bzw. einen Bleistift bekommen hat.)“ Tatsächlich hat DrehPunktKultur mal mitgespielt, da stieg der Event noch in der ARGEkultur und war teils witzig.

„Das Kartenblatt zu 54 Karten mit je einem anderen Motiv wird zu Spielbeginn vom Aus­rufer (el cantor, der Sänger, auch el gritón, der Schreier, genannt) gemischt. Dann deckt der Ausrufer eine Karte nach der anderen vom Stapel auf und sagt den Spielern das jeweils gezogene Motiv an, entweder namentlich oder mit einem kurzen Rätsel umschrieben.“ Wer das Motiv auf seiner Tabla findet, markiert es. … Gewinner ist, wer als erster ¡Lotería! (in einigen Gegenden Mexikos ¡Buenas!) aus­ruft, sobald er seine Tabla komplettiert hat.“ So wird das Spiel im akutellen Almanach zur Mozartwoche beschrieben. Verortet wird die Ursprünge der Lotería – möglicherweise – im Italien des 15. Jahrhunderts, von wo aus das Spiel zuerst nach Spanien und gegen Ende des 18. Jahrhunderts weiter nach Mexiko gelangte.

Die Oberschicht der Kolonie liebte das Spiel. Es sei aber auch von Sol­daten gespielt worden, die im Unabhängigkeitskrieg gekämpft hatten und es nach Beendigung des Konflikts 1821 heim in ihre Dörfer brachten: „Seither ist die Lotería – ein dem Bingo ähnliches Glücksspiel, das mit einem Kartenspiel anstelle von Zahlen gespielt wird – Teil der mexikanischen Kultur und Identität.“

Und mit Rolando Villazón wohl auch demnächst der Salzburger Mozart-Tradition. Salzburger Lotería-Karten gibt es bereits. „Als Intendant der Mozartwoche hat Rolando Villazón für die Stiftung Mozarteum einen Kartensatz mit Bezug zu Mozarts Werken von Philipp Pontzen entwerfen lassen.“ Es gab sie bereits 2020 und DrehPunktKultur schrieb von den „poetischen Aquarellen in der salzburgischen Lesart des mexikanischen Nationalspiels“. In einer Mozartwoche ohne Corona-Beschränkungen kommen die delikaten Meisterwerke des Pinsels von Philipp Pontzen nun endlich wieder zum Einsatz: Am 31. Jänner und am 2. Februar werden zu später Stunde – nach Konzertschluss um 22 Uhr – aus dem Wiener Saal durch die Heilgen Hallen des Stiftungsgebäudes die ¡Lotería!-Rufe hallen. Rolando Villazón gibt den Spielleiter, „Sänger“ oder, im Falle eines Sängers launig, auch „Schreier“ genannt.

Weil der Spieleabend in die Mozartwoche fällt, gibt es auch Livemusik. Diesmal spielen Mitglieder des Orquesta Iberacademy Medellín Mozarts so unverwüstlichen wie hinterfotzigen Musikalischen Spaß KV 522. „Zweifellos nimmt Mozart in diesem köstlich verqueren Stück in humorvoller Weise Musiker aufs Korn, die ihre Instrumente nicht ganz beherrschen oder schlampig sind. Aller­dings handelt es sich dabei nicht um Amateure, sondern um die arroganten Streicher und dem Alkohol zugeneigte Hornisten, die Mozart als honorable Mitglieder der professionellen Or­chester seiner Zeit bestens kannte“, schreibt Gottfried Franz Kasparek im Almanach. „In den Hofakten der Mozart-Zeit finden sich genug Ermahnungen an blasende Kapellmitglieder, sich beim Genuss von Bier, Wein und Schnaps mehr zurückzuhalten.“ Die harmonischen Kühnheiten Mozarts fallen uns heutigen – nicht zuletzt durch zeitgenössische Musik gestählte – Hörerinnen und Hörern gar nicht mehr so auf. Aber zu Mozarts Zeit waren es Kühnheiten, die brave Notenkopisten womöglich für Irrtümer gehalten und ausgebessert hätten, erzählt Kasparek: „Im Falle des Spaßes schrieb er alle Stimmen selber, denn hier bestand eher die Gefahr des Ausbesserns jener Fehler, die den Witz der Sache ausmachen, durch einen mehr als nur abschreibenden Gehilfen.“ Und so geht alles gut aus: „Im finalen Presto scheitert der Komponist glo­rios an einer vierstimmigen Fuge. Drei Akkorde in verschiedenen Tonarten beenden das sich entfaltende Chaos.“

Die Mozartwoche beginnt heute Donnerstag (26.1.) – mozarteum.at/mozartwoche
Bilder: ISM/Almanach 2023/Philipp Pontzen/www.pontzen.com (1); ISM/Mozartwoche 2020/Wolfgang Lienbacher (2)
Zum dpk-Bericht von der Lotería Mozartiana 2020
Birne, Tod und Teufel

 

 

 

 

 

 

 

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