Erinnerungen ans Wien von Mozart und Salieri

MOZARTWOCHE / BRIEFE UND MUSIK

02/02/24 Der Komponist Stephen Storace war der Bruder von Nancy Storace, einer der Primadonnen der Mozart-Zeit. Einmal glaubte dieser – nicht ganz nüchtern – seine Schwester bei einem Tanz-Techtelmechtel mit einem Offizier des Kaisers beobachtet zu haben, was zu einem Raufhandel, einem Polizeieinsatz und der Arrestierung des Herrn Storace führte.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Sache hat sich dank „Vitamin B“, das schon damals in Österreich ein guter Wirkstoff war, in Wohlgefallen aufgelöst. Der Sänger Michael Kelly (1762-1826) ließ seine guten Kontakte zum Kaiser spielen. Er erzählt davon in seinen Memoiren, die nachzulesen man in einem drei Mal wiederholten Schmankerl-Konzert zur Mozartwoche im Tanzmeistersaal so recht Lust bekam.

Dieser Michael Kelly, ein Bassist, ist mit Nancy Storace oft auf der Bühne gestanden. Er war oft Gast bei Mozart, kannte auch Salieri und die übrige Hofgesellschaft gut. Mit einem guten Schuss Ironie und „britischem“ Humor blickte er elaboriert auf seine Jahre in Wien zurück. Auf Mozart, der auf sein rotblondes Haar angeblich sehr stolz war und Punsch über alles liebte. Auf Salieri, den er als aufbrausend, aber kollegial und hilfsbereit beschreibt. Ganz schlecht kommt bei ihm der Librettist Lorenzo da Ponte weg. Ihn, den zum „Abbé“ konvertierten Juden, schildert er als lispelnden eitlen Gecken. Ein bisserl Antisemitismus durfte schon sein.

Der Stiftungs-Musikwissenschafter Ulrich Leisinger hat einige anschauliche Episoden aus diesen Memoiren übersetzt, und der Schauspieler Stefan Wilkening hat sie einnehmend vermittelt – ein flauschiges Panoptikum des Musiklebens der Mozart-Zeit. Zum Totlachen, wie Michael Kelly über ein Picknick mit Salieri am Donaugestade schreibt. Es nahm ein jähes Ende, als ein Wildschwein auftauchte. Kelly ist gerne in den Prater gegangen, ein Erholungsgebiet „weit über unserem Hyde-Park“, wie er schreibt. Dort hat er die Wienerinnen genauer beäugt und schöne, „symmetrische“ Frauen mit sauberen Beinen in ebensolchen Strümpfen entdeckt.

Anschaulich schildert Kelly das Gerangel um um jenen Opern-Termin, für den schließlich Mozart mit dem Figaro das Rennen machte. Nancy Storace war die erste Susanna, Kelly der erste Don Basilio. Über die Uraufführungs-Besetzung konnte er sich noch im Alter kaum einkriegen.

Den musikalische Part in diesen drei Nachmittagskonzerten im Tanzmeistersaal übernahmen die Sopranistin Tamara Ivaniš und Carlos Goikoetxea auf Mozarts „Walter“-Flügel. Das Rezitativ und Arie Ch'io mi scordi di te? – Non temer, amato bene für Sopran und obligates Klavier KV 505 hat Mozart fürs Abschiedskonzert der Storace in Wien geschrieben. Für dieses Kleinod mag die junge Sängerin ihm die Füße haben küssen mögen. Aber auch Salieri hat sie bestens bedient, etwa mit der kecken Arie La ra la ra, che filosofo buffon. Eingangs die Opern-Ouvertüre zu Palmira, regina di Persia von Salieri von 1795. Dieses Stück verblüfft mit überraschenden Moll-Wendungen und markanten dramatischen Akzenten. Die Klavier-Version könnte man gut dem frühen Beethoven unterjubeln – das spricht also sehr für Salieri.

Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher
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