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Die rasante Leidenschaft der Klassik

MOZARTWOCHE / CAMERATA / LANGREE

24/01/11 Er hat mitunter etwas „Hoffmanneskes“ an sich, wenn er mit Ganzkörpereinsatz die Explosionen der Musik plastisch nachzeichnet. Es ist ein reines Vergnügen, Louis Langrée bei seiner leidenschaftlichen Arbeit an Stücken der frühen Klassik zuzuschauen. Am Sonntag (23.1.) herrschte im Großen Saal des Mozarteums inmitten eisigen Winters die Hitze des „Sturm und Drang“.

Von Gottfried Franz Kasparek

altDas Feuer entfachte der Dirigent Louis Langrée. Die Camerata Salzburg folgte ihm dabei bis an die Grenzen völliger Atemlosigkeit. Erhellend geriet schon Johann Christian Bachs einzige g-Moll-Symphonie, eine originelle Schwester der beiden Werke in dieser Tonart von Mozart.

Der katholisch gewordene, italienisch geprägte, in London das Leben in vollen Zügen genießende Außenseiter der Bach-Familie war ein wesentliches Vorbild des jungen Mozart und wird bis heute unter seinem Wert gehandelt. Die kurze, geradezu modern abrupt endende Symphonie ist wahrlich eine lapidare „Studie in Schwarz“ voller theatralischer Effekte, wie Wolfgang Stähr im Programmbuch treffend schreibt.

Mozarts Sinfonia concertante stürmt und drängt, obwohl verhaltener, viel emotionsgeladener. Langrée und das prächtig artikulierende Orchester ließen hier den zwischen Innigkeit und Affekt perfekt ausgewogenen Solisten, dem Geiger Christian Tetzlaff und der Bratscherin Tabea Zimmermann, auch genügend Luft, um das immanent Gesangliche dieser Musik leuchtend zum Vorschein zu bringen.

Nach der Pause verblüffte zunächst eine der 17 konzertanten Symphonien Johann Christian Bachs. Das ist glänzend konstruierte Unterhaltungsmusik, hübsch formuliert und voller Überraschungen. Glänzen durften da die Solisten der Camerata: die Geigerinnen Katja Lämmermann und Michaela Girardi und der Cellist Stefano Guarino in den hurtigen Ecksätzen, Bernhard Krabatsch im sensiblen Larghetto, welches ein Miniatur-Flötenkonzert darstellt.

Der Siedepunkt der Hitze wurde im Finale erreicht. Mozarts „Linzer Symphonie“ verträgt frühromantische Interpretationen ebenso wie „historisch informierte“. Louis Langrée kann man nicht in eine dieser Schubladen stecken. Seine „Linzer“ ist rhetorisch klar formuliert, lässt in den Mittelsätzen empfindungsvolle Räume entstehen, hebt in den Ecksätzen aber regelrecht ab. Irgendwer im Publikum sagte vernehmbar gleich nach den tobenden Schlussakkorden des Prestos „Wahnsinn“, hörbar zustimmend gemeint. Eine Apotheose spannungsgeladener Vitalität, rasant und verblüffend. Der Applaus geriet herzlich, fast ein wenig erschreckt.

Bild: ISM/Wolfgang Lienbacher

 

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