Lustvoll modern

MOZARTWOCHE / KAMMERKONZERT

25/01/11 Von Mozart umrahmt, standen im Kammerkonzert am Montag (24.1.) Werke von Jörg Widmann und Heinz Holliger am Programm. So lustvoll und lustig kann neue Musik sein. Und wie schön darf Mozart sein?

Von Gottfried Franz Kasparek

altDie Besetzung war luxuriös. Antje Weithaas und Christian Tetzlaff wechselten einander bei Mozarts Streichquintetten KV 515 und KV 516 gefühlvoll am ersten und zweiten Violinpult ab. Tabea Zimmermann und Hanna Weinmeister entlockten ihren Bratschen die innigsten Töne, die man sich vorstellen kann. Mit Marie-Elisabeth Hecker lernte man eine junge, mit schönem Ernst agierende Cellistin von Format kennen.

Sehr verhalten, sehr fein gezeichnet, sehr poetisch und nur selten stärker konturiert erklangen die Stücke. Zweifellos, das war wunderschön und mehr klangsinnlich als klangredend. Manches wie der weit in die Romantik weisende Adagio-Beginn des Finalsatzes altvon KV 516 gelang konkurrenzlos „singend“. Und doch, die Binnensätze vor allem blieben merkwürdig fern. Apollinisch, wie viele Menschen nach wie vor Mozart lieben. Zu schön, um wahr zu sein? Verschiedene Sichtweisen zu präsentieren, ist ein Vorteil der Mozartwoche. Und viele im Publikum waren sehr glücklich.

Fraglos glücklich stimmten auch den Berichterstatter die elf Stücke aus den 2008 komponierten „24 Duos für Violine und Violoncello“ von Jörg Widmann. Man glaubt sofort, dass diese Kostbarkeiten in einem „freudigen Schreib-Exzess“ entstanden sind. Es sind kurze Charakterstücke, höchst virtuos die Tradition ausreizend, vom Choral bis Webern, vom Barock bis zu liebevoll parodierter Salonkunst a la Fritz Kreisler. Da gibt es ein nahezu swingendes, aber ständig quasi auflaufendes „Petit ballet mécanique“, einen köstlich schrägen „Valse bavaroise“ oder ein diskret emotionales „Lamento“.

Die famosen Interpreten, Marie-Elisabeth Hecker und Christian Tetzlaff, hatten sichtlich ihren Spaß daran, so sehr sie auch technisch gefordert waren. Derart lustvolle Pizzicati, derart lustig verstreute Quinten und Sexten und so viel Spielwitz sind selten in der Musik von heute. Trotz aller Anverwandlung des Vertrauten entsteht aber kein bloßer altEklektizismus, sondern ein faszinierendes Spiel mit der Poesie der Klänge – und, wahrlich, mit Melodie! Und die ist, frei nach Verdi, weder alt noch neu. Um schleunigste Nachlieferung der restlichen Stücke wird gebeten!

Heinz Holligers „Drei Skizzen für Violine und Viola“ aus dem Jahr 2006 passen da wundersam dazu. In Textur und Ausdruck ernster gefasst sind sie, aber ebenso freudvolle Spiele mit den Grenzen der Instrumente und fast neu-impressionistisch in ihrer duftigen Farbigkeit. Antje Weithaas und Tabea Zimmermann widmeten sich den Miniaturen mit exzellenter Spielkultur, nicht nur streichend, sondern in der dritten Skizze auch singend. Grandios, wie man mit zwei Instrumenten und zwei in Vokalisen träumenden Stimmen einen balsamisch-ironischen Gesang „à six voix“ gestalten kann. Die beiden anwesenden Komponisten wurden stürmisch gefeiert.

Bilder: ISM/Wolfgang Lienbacher