Symphonischer Frühling, konzertanter Winter

Von Reinhard Kriechbaum

Im Fall der 1768 entstandenen Sinfonia in F-Dur - wahrscheinlich dem ersten von zwanzig symphonischen Werken des „Bückeburger“ Bach - verwies Dirigent Dennis Russell Davies darauf, dass die Neue Welt bei der Überlieferung dieser Noten eine große Rolle spielt. Denn was mit dem Originalmanuskript in Kriegszeiten geschen ist, ob es vernichtet oder gestohlen wurde, das wissen wir nicht. Aber mit einer Abschrift im Gepäck ist 1770 ein gewisser Johann Friedrich (John Frederick) Peter nach Amerika ausgewandert. In Pennsylvania, in einem Notenarchiv der „Böhmischen Brüder“, hat sich die Partitur erhalten.

Zu hören war ein frisches Stück, das jederzeit als beste Mannheimer Früh-Symphonik durchgehen würde: einprägsame Themen, oft einstimmig herausgestellt, markante Bläser-Einfärbungen, die Melos und Form akzentuieren. Man war in Bückeburg (Niedersachsen)  weder von gestern noch im kulturellen Abseits. Immerhin wirkte damals auch Johann Gottfried Herder am kleinen Fürstensitz derer zu Schaumburg-Lippe. Dem „Tempo di Menuetto“ der Symphonie nach zu schließen, hat man dort allerdings ein bisserl fad getanzt.

Dieses Werk und Mozarts Jupiter-Symphonie nach der Pause – das bedeutete am Dienstag (25.1.) Vormittag eine weite Grätsche für das Sinfonieorchester der Universität Mozarteum, das für seinen jährlichen Mozartwochen-Auftritt wie immer bestens vorbereitet war. Im Regelfall präsentiert die Universität Mozarteum zu diesem Anlass solistische Eleven im Mozart-Fach, diesmal war es anders: Die Slowenin Jerca Nowak studiert hier Flöte bei Irena Grafenauer, und sie wurde gefordert mit der „Turm-Musik“ von Heinz Holliger. Das ist ein heterogen wirkendes Stück, das in den ersten Abschnitten von großen instrumentalen Gesten lebt, sich allmählich beruhigt und in einen bezwingend-statischen Satz mit dem Titel „Winter ‚Nel vor più mi sento‘“ ausläuft: Da spielen Tonbandklänge eine Rolle, ein meditatives elektronisches Grummeln, zu dem die Instrumente (volle Bläserbesetzung, reichlich Schlagwerk, sieben Streicher) ebenfalls sehr ruhige Dinge beitragen. Ganz zuletzt greift die Solistin zur Bassflöte, und sie sitzt dabei links außen: So nimmt der „Winter“ nach gut einer halben Stunde doch ein beschauliches Ende.

Dasselbe Programm ist übermorgen, Freitag (28.1.), um 19.30 Uhr noch einmal zu hören, dann aber im Großen Studio der Universität Mozarteum. Und dann dirigiert nicht der Chef, sondern seine Dirigier-Studenten.
Hörfunkübertragung des Mozartwochen-Konzerts am Freitag (28.1.) um 10.05 Uhr in Ö1 in der Sendung Intrada.