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Ein flotter Dreier

Von Reinhard Kriechbaum

„Acis und Galatea“ war 1788 die erste von vier Mozart’schen Händel-Bearbeitungen. Meist ist es ja so, dass man sich insgeheim nach den Originalen sehnt, auch wenn die ergänzten Stimmen – Klarinetten und Hörner etwa – der tönenden Sache etwas mehr Fülle verleihen. Im Fall der Werksicht durch Marc Minkowski, seine Musiciens du Louvre-Grenoble und eine handverlesene Solistenschar war es aber am Mittwoch (zur Mittagsstunde) entschieden anders. Denn Minkowski hat das Genuine der Mozart-Fassung, das raffinierte Spiel mit instrumentaler Ergänzung und zugleich Verdichtung sehr entschieden herausgezeichnet und zugleich der barocken Fabulierlust freien Lauf gelassen.

Wie grandios-bizarr der Riese Polyphem doch versucht, der schönen Galatea ebensolche Augen zu machen – mit Piccoloflöten wird sein Riesencharme ins Groteske übersteigert. Wenn er mit Riesenschritten hinunter trampelt ins Arkadien der Nymphen und Hirten muss zieht man als Hörer unwillkürlich den Kopf ein. Fein, wie Mozart die Klarinette (die in der Ouvertüre mit virtuoser Brillanz eingesetzt ist) das Liebes-Girren der Galatea „wie ein Täubchen“ illustrieren lässt. Aber die Dame umgirrt natürlich Acis, der den Eindringling in die harmonische Zweierbeziehung trotz Übergröße herausfordert. Ein Steinwurf des erzürnten Polyphem, und es ist aus mit Acis. Trost für Galatea: Der tote Geliebte wird in ein Bächlein verwandelt, „freudig eilt er durch die Flur / lispelnd noch vor Zärtlichkeit“.

Die Überfülle von Händels deskriptiver Erfindungsgabe und Mozarts Überhöhung, in hundert Minuten aufs Anschaulichste dargeboten. Julia Kleiter war die denkbar schlichteste Galatea, innig und trillergewandt, Toby Spence ein tenoral leuchtkräftiger Acis. Der geborene Draufgänger fast. Ein schöner Klangfarbenkontrast zur empfindsam weichen Tenorstimme von Colin Balzer als Demon – er ist die Stimme der Vernunft in diesem Beziehungsspiel, dass durch die rabiate Begierde Polyphems jäh zum ungewollt-flotten Dreier wird.

Der Bachchor in kleiner Besetzung war an diesem Vormittag auch mit von der Partie, ist mit gebotener Beweglichkeit eingestiegen auf die ur-musikantischen Vorgaben von Marc Minkowski. Die Steigerung von der gefährdeten arkadischen Idylle (im Doppelquartett) zum Chor-Fugato „Seht den Unhold Polyphem!“: Da hört man, „wie der Riese donnernd brüllt“!

 

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