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Im Sommerwind verweht die Zeit

MOZARTWOCHE / CHRISTINE SCHÄFER / ERIC SCHNEIDER

30/01/11 Von jetzt an ist die musikliebende Welt in zwei Teile geteilt: in die gut achthundert Mozartwochengäste, die am Freitag (28.1.) Christine Schäfer und Eric Schneider erleben durften (und Jörg Widmann, aber dazu später) - und in die anderen.

Von Heidemarie Klabacher

„Raste Krieger! Krieg ist aus…“ Christine Schäfer hat mit Ellens erstem Gesang nicht nur ein großes - und viel zu selten gehörtes - Schubert-Lied gesungen. Sie schien mit ihrer ebenso schlichten wie durchgestalteten Interpretation nichts weniger als eine Lösung für alle Probleme des modernen, unter Leistungsdruck und Selbstdarstellungszwang stehenden Menschen anzubieten: „Träume nicht von wildem Strauß, nicht von Tag und Nacht voll Schrecken“.

Im Wortsinn „unbeschreiblich“: die geheimnisvollen - vom Pianisten Eric Schneider in jedem Augenblick mitgetragenen und mitgefärbten - Stimmungswechsel, zwischen den „von der Trommel wildem Rasen“ oder dem „Stampfen wilder Pferde“ in der Klavierbegleitung unruhig gemachten Strophen und den Visionen von Feen „in der Insel Zauberhallen“.

Ellens zweiter Gesang „Jäger, ruhe von der Jagd“ funktioniert ähnlich, ist aber ein im Aufbau viel schlichteres Lied. Den dritten Gesang, die „Hymne an die Jungfrau“, kennt nun wieder jeder Musikfreund. Und doch hat man die Suggestionskraft dieses Liedes noch kaum je so unmittelbar zu spüren bekommen. Ganz offen, scheinbar ungeschützt und ungestützt, sang Christine Schäfer jeweils das refrainartige „Ave Maria“: Man hörte da tatsächlich ein Mädchen singen. Wie heiter: „Sie können hier nicht bei uns wohnen“ (die Dämonen, nämlich). Wie tapfer: „Wir woll’n uns still dem Schicksal beugen“; wie überirdisch leise in hoher Lage: „Da uns dein heil’ger Trost anweht“.

Am Anfang der Matinee stand ein Mozart-Block. Aber diesmal waren „Ridente la calma“, „Das Veilchen“ oder „An Chloe“ nicht nur „pflichtgemäß“ dem Ort und dem Veranstalter geschuldet absolviert. Christine Schäfer legte eine Latte für alle künftigen Versuche, sich diesen Miniaturen zu nähern. Das gilt auch für die „Fünf Lieder nach Gedichten von Stefan George“ op. 3 und die „Sieben frühen Lieder“ von Alban Berg. Aber die großen Gesten dieser traumtrunkenen Gesänge sind leichter wirkungsvoll über die Rampe zu bringen, als die „anspruchsvolle Schlichtheit“ von Mozart-Liedern.

Stimmlich perfekt, technisch brillant, in der Werkauswahl anspruchsvoll und hochintellektuell ist „die Schäfer“ ja immer. Diesmal schienen zu alledem Heiterkeit und Gelöstheit zu treten, die der perfekt geführten Stimme zusätzlichen Glanz und Wärme verliehen.

Als letztes standen auf dem Programm zwei Szenen aus Schuberts posthumen Schauspiel „Lacrimas“: zwei Liebeskranke kommen zu Wort im extrovertierten „Lied der Delphine“ und im introvertierten „Lied des Florio“. In die Traumstille nach der letzten Phrase hinein öffnet sich die Bühnentür - und heraus kommt Jörg Widmann mit Klarinette. In die noch immer von keinem Applaus zerstörte Spannung (soviel zur Persönlichkeit der Sängerin) klangen die ersten langen Klarinetten-Töne von Schuberts „Hirt auf dem Felsen“.

Ein Geschenk war das, nichts weniger.

 

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