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Schuberts Eselsohren

Von Heidemarie Klabacher

Da tropfte jedes einzelne von Schiff gezupfte „plum“ wie eine Träne in den Ozean, den das Hagen Quartett auftat. Und erst im dritten Satz konnte man sich plötzlich wieder vorstellen, wie die Noten von Heinrich Schiff in ihren desolaten Zustand geraten konnten.

Tatsächlich war vieles an dieser Wiedergabe extrem. Das - ohnehin in jeder Lesart - überwältigende Adagio hat man in seinen leisen Passagen noch selten so extrem leise gehört, während die expressiven Passagen geradezu gewalttätig waren in ihrer rücksichtslosen Expressivität. Dass bei solcher Attacke die Intonation nicht leidet, grenzt an ein Wunder. Im Allegretto prallte dann geschmeidiger Dreivierteltakt auf scharf geschliffene spröde Kanten. Ein Erlebnis, allein dieser Schubert.

Ein Umstand machte dieses Konzert allerdings besonders spannend: Die gleiche Intensität, mit der das posthum veröffentlichte Monumentalwerk Schuberts überwältigte, ließ das Hagen Quartett den Miniaturen von György Kurtág und Anton von Webern angedeihen.

Jedes einzelne der zwölf Mikroludien op. 13 „Hommage à András Mihàly“ von Kurtág ist ein Mikro-Kosmos der Klang- und Ausdrucksmöglichkeiten des „klassischen“ Streichquartetts. Kurtág setzte 1977/78 auf vergleichsweise herkömmliche Klangerzeugung und schuf doch Musik von unglaublicher Neuheit und Tiefe - aufregend und spannend bis heute.

Das gilt für Kurtágs „Mikroludien“ nicht weniger, als für Anton Weberns „Fünf Sätze für Streichquartett“ opus 5: ein„Klassiker“, der in einem Konzert der Mozartwoche längst ebenso begeistern bejubelt wird, wie jeder Mozart. Etwa das Streichquartett F-Dur KV 590. Hier hat das Hagen Quartett vom ersten Ton an den Zauber der „kleinen Noten“ beschworen, aber auch gewohnt angriffig und brillant zuzupacken gewusst. Alles andere als ein „Alibi-Mozart“. Dennoch blieben Romantik und Gegenwart diesmal deutlich stärker in Erinnerung.

Bild: ISM/Alexander Basta

 

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