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Der Tanz in die Tiefe

Von Reinhard Kriechbaum

Der letzte Tag der Mozartwoche gehörte den Originaltönern. Minkowski mit der beispielhaft neu-gehörten c-Moll-Messe zur Mittagsstunde. Am Nachmittag hat dann Robert Levin im Wiener Saal einen von ihm rekonstruierten Konzertsatz aus der Taufe gehoben: Die Solostimme fand sich im sogenannten "Nannerl Notenbuch" und wurde erst kürzlich als ein vermutlich von Wolfgang Amadeus Mozart stammendes Werk identifiziert. Auch das von Levin am Sonntag gespielte Präludium für Klavier in G-Dur ist bei dieser Gelegenheit dem Genius loci zugeschrieben worden: Taufrischer Mozart auf alten Instrumenten also.

Am Sonntagabend (31.1.) hat schließlich Nikolaus Harnoncourt am Pult des Concentus Musicus Wien sein Musterbuch musikalischer Rhetorik aufgeschlagen und uns intensiv hineinhören lassen unter anderem in die Tiefenschichten der Posthorn-Serenade.

Harnoncourt macht es einem bekannterweise nicht immer ganz leicht. Wenn man vom "Concertante"-Satz vor allem ausgeprägten Grazioso-Charakter erwartet, dann mag man befremdet sein: Das Ende-Nie-Tirilieren bekommt hier durch deutliche Zäsuren, auch durch Momente gedanklichen Innehaltens, eine ganz andere, wesentlich ernsthaftere Kontur. Wie Harnoncourt Auftaktfloskeln artikulieren lässt, wie er deutliche Atemzeichen setzt, wie er also all die schönen musikalischen "Wörter" aufs Gründlichste buchstabieren lässt und dann in aussagekräftige Sätze zu verwandeln weiß: Das gibt eben auch einer vermeintlich heiteren Serenadenkomposition Bedeutung und Tiefe. Wie spannend doch die Menuette und ihre Trios sein können - und wie dann plötzlich alles Putzige wie weggewischt ist und Harnoncourt im Andantino-Satz weit eindringt in Moll-Tiefenschichten.

Stimmt schon: Im direkten Vergleich mit den "Musiciens du Louvre-Grenoble" am Vormittag desselben Tages wirkt der Concentus - wirken vor allem seine Bläser - ein wenig altbacken. Aber Präzision ist eben nicht alles.

Im ersten Teil des Konzerts wurde das Programm der Mozartwoche abgerundet, indem der "Idomeneo" nochmal zu seinem Recht kam. Harnoncourt ließ nun noch mal die Ballettmusik hören: deutlich langsamer, kantiger in der Detailformulierung als eine Woche zuvor Marc Minkowski - eigentlich ein ganz anderes Werk. Übrigens: Als Harnoncourt vor anderthalb Jahren bei der "styriarte" in Graz den Harnoncourt szenisch produziert hat, entschied er sich genau so wie hier Maitre Minkowski dafür, dem Publikum diese Ballettmusik nicht zu ersparen, auch nach drei Stunden Opern-Sitzen nicht.

Integriert in die Idomeneo-Ballettmusik waren am Sonntag zwei Idamante-Arien, und auch das war eine schöne inhaltliche Abrundung, weil ja in der Bühnenfassung diesmal die Tenor-Variante der Rolle geboten wurde. Nun also die Schweizer Mezzosopranistin Marie-Claude Chappuis: eine Sängerin, die mit metallisch leuchtender Stimme, dann wieder mit wie verhaucht wirkendem Ansatz viel gestalterische Aufrichtigkeit einzubringen und der deftigen Begleitung Paroli zu bieten wusste.

 

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