Sturm und Blitz - und ein stilles Gebet

MOZARTWOCHE / BR SYMPHONIEORCHESTER / HERAS-CASADO

30/01/12 Ein wenig eilt ihm der Ruf des „jungen Wilden“ voraus. Der spanische Dirigent Pablo Heras-Casado hat sich bei seinem Mozartwochen-Debüt am Pult des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks aber als umsichtiger Kapellmeister präsentiert, der mit präzisen Vorgaben brillante Effekte zu erzielen weiß. Ganz ohne Effekthascherei.

Von Heidemarie Klabacher

So eine „Schottische“ lässt man sich jederzeit gefallen! Hätten sie als Zugabe von vorne angefangen - mit den großen gesanglichen Linien, die tatsächlich Bilder von weiten Landschaften im Nebel und geheimnisvollen Tälern erwecken - hätte man gerne weiter zugehört. Und vermutlich viele weitere feine Facetten in Felix Mendelsohn-Bartholdys scheinbar so bekannter Symphonie Nr. 3 a-Moll op. 56 entdeckt.

Pablo Heras-Casado, der für den verunfallten Sir John Eliot Gardiner eingesprungen ist, setzt im hochromantischen Werk auf Klarheit und Transparenz. Man hört die „Schottische“ ja nicht selten, aber selten so differenziert. Heras-Casado verzichtete auf simple Stimmungsbäder: etwa auf das Auswalzen der elegischen Passagen im ersten oder auf Effekt durch reine Lautstärke im hymnisch-martialischen Finale. Die Gewitterbilder waren mit kräftiger aber sparsam aufgetragener Farbe gemalt. Ein federleichtes Vergnügen: das Allegro. Dramatisch effektvoll: das Innehalten im Schluss-Satz vor dem großen romantischen Bläser-Finale.

Dass Pablo Heras-Casado mit der „Schottischen“ schon Triumphe feierte, ist bekannt. Die Qualitäten des jungen Dirigenten im romantischen Repertoire haben sich bei seinem Mozartwochen-Debüt am Sonntag (29.1.) im Großen Festspielhaus bestätigt.

Die große Überraschung war daher sein Zugang zu Mozart: Das Konzert Es-Dur für Klavier und Orchester KV 482 mit dem grandiosen Emanuel Ax als Solisten war eine der bewegendsten Begegnungen mit einem Mozart-Klavierkonzert der letzten Jahre. Brillant das Allegro (vielleicht in den Geigen da und dort Eingangs nicht ganz homogen). Als feine beinahe romantische Klangmalerei kam der zweite Satz daher, als sanft klagendes Lied über weiten Landschaften: Berührend und raffiniert gestaltet: die Wechselspiele zwischen klassischer formaler Strenge und romantischer Traumverlorenheit.

Heiter und fröhlich war das Zwiegespräch zwischen Orchester und Solist im dritten Satz (mit einer quasi Schubert’schen Kadenz von Emanuel Ax). Von berührender Innerlichkeit war der Übergang zum gesanglichen Mittelteil, ein Rückzug in sich selbst. So transparent und fein gestalteten die Mitglieder des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und Pablo Heras-Casado danach die Orchesterpassagen, dass der Solist feinste Glanzlichter im Piano setzen konnte. Wenn man von Mozart’scher Heiterkeit und Klarheit spricht, meinte man eine Interpretation wie diese.

Bilder: ISM/Sonja Werner (1); www.emanuelax.com (1)