Nacht der Seele

MOZARTWOCHE / UCHIDA

01/02/12 Mitsuko Uchida gab am Dienstag (31.1.) das Klavierrecital dieser Mozartwoche - und bat für eine vierhändige Mozartsonate den amerikanischen Pianisten Jonathan Biss zu sich aufs Podium. „Nacht“ - vor allem in der Seele - schimmerte als Leitfaden durch das Programm.

Von Horst Reischenböck

altErschütterung, Tragik schwingt schon durch die Eröffnung von Wolfgang Amadés Fantasie-Fragment in d-Moll KV 385g. Nachdenklich, bestimmt setzte Mitsuko Uchida damit gleich zu Beginn ein bewusstes Zeichen, in dem sie das Unvollendete durch Rekapitulation des Anfangs zu geschlossener Einheit band. Bruchlos folgte darauf die Konzentration auf Arnold Schönbergs Sechs kleine Klavierstücke op. 19. Subtil ausgehorcht spielte sie die diese minimalistisch kurzen Stücke, die ebenfalls in Trauer ausklingen.

Danach war eine Kehrtwendung in romantische Gefilde angesagt. Vorerst mit Frédéric Chopins Zwei Nocturnes op. 62, von Uchida klar entschlüsselt und strukturiert gespielt, und die Polonaise-Fantaisie As-Dur op. 61, voll virtuosem Aplomb.

altGegenstück dazu nach der Pause Robert Schumanns nicht allzu oft erlebende „Waldszenen“ op. 82. Mitsuko Uchida ließ darin harsch die Flinten der „Jäger auf der Lauer“ knallen und schürfte voll in das abgründig Dunkle, Unheilvolle, das der „Verrufenen Stelle“ innewohnt.

Zum Schluss teilte Mitsuko Uchida in partnerschaftlicher Eintracht mit dem amerikanischen Pianisten Jonathan Biss den Steinway, dessen etwas geschärfter Klang dann für Mozart nicht mehr ganz so ideal dünkte. Der gemeinschaftliche Einsatz in einem Geiste galt der - dem Flügel fast orchestrale Klänge entlockenden - Sonate F-Dur für Klavier zu vier Händen KV 497, die Mozart vermutlich in Wien zum gemeinsamen Musizieren mit Schülerinnen geschrieben hat.

Mitsuko Uchidas Herz war danach noch immer voll: Als Zugabe spielten die beiden Pianisten den Marsch es-Moll, die Nr. 5 aus den 6 Grandes Marches D 819. Eine echte Rarität!

Diese überlange Werkfolge führte dazu, dass es für den verbliebenen harten Kern für die „Nach(t)stücke“ bis 22.30 Uhr ausharren hieß. Erst dann konnten die Mitglieder des OENM zu Mark Andres „iv 4“ für Bläserquartett ansetzen. Marc Andre spürt in diesen fünf Miniaturen dem Thema „Introvertiertheit“ nach: nachdenken machend, an Sensibilität für unterschiedlich fein gesponnene Geräusche appellierend und voll divergierender Klänge, die ebenfalls aus nächtlichem Dunkel zu wachsen scheinen.

Bild: ISM/Wolfgang Lienbacher