Klar Schiff
MOZARTWOCHE / CAPELLA ANDREA BARCA
28/01/12 „Kapitän“ András Schiff mit geschwellten Segeln in geheiligten Gewässern Beethovens, Mozarts und Schuberts. Die Matineen mit der Capella Andrea Barca (diesmal am 26. und 27.1.) sind immer in Nu ausverkauft.
Von Elisabeth Aumiller
András Schiff hat sein treues Publikum und die Leute wissen, was sie an ihm haben. Er erfüllt nicht nur ihre Erwartungen, sondern erstaunt und beeindruckt sie stets aufs Neue mit seiner Spielkultur, mit Klangästhetik und der Klarheit seiner musikalischen Formulierungen. Schiff lenkt die Aufmerksamkeit auf viele feine Details, jedoch ohne sie aus der Gesamtlinie auszukoppeln.
Im 4. Klavierkonzert G-Dur op.58 beginnt das Klavier ohne Orchestereinleitung, der Pianist ist sozusagen von der ersten Note an tonangebend. In Folge entspinnt sich ein feines Wechselspiel zwischen Klavier und Orchester, in dem beide gegenseitig die Themen austauschen und voneinander übernehmen. Schiff spielt auf einem Bechsteinflügel aus dem Jahre 1921, auf dem einst Wilhelm Backhaus unzählige Konzerte gab.
Schiffs Anschlag erzielt eine metallisch glänzende Klavierpräsenz, präzise geformt in akzentuierter Phrasierung. Exzellent ist die Balance zwischen instrumentaler Brillanz und sensitivem Ausdruck. Wie mit Zauberhand verliert sich kraftvolles Zupacken in schwerelosem Decrescendo oder ein schwebendes Piano baut sich nahtlos in mächtige Steigerung auf. Es scheint als ob die Töne wie magische Tropfen die Emotionen der Zuschauer erreichen.
Das Orchester korrespondiert nicht nur als gut funktionierender Begleitservice, sondern trägt zweifellos Schiffs Handschrift. Es ist zu spüren, dass minutiöse Vorarbeit geleistet wurde, die dann, vom Konzertmeister Erich Höbarth mitgetragen, nur weniger dirigentischer Impulse Schiffs bedarf, um an die Oberfläche zu gelangen.
Im Mozartkonzert B-Dur KV 595 scheint der Flügel wie ausgewechselt, so viel weicher und klangsensibler wählt Schiff den Anschlag und lässt feintönend beschwingte Eleganz walten. Man verpasst keine Note, wenn er die schlichten Linien mit fast romantischer Empfindung formt. Gleichzeitig findet auch eine bestimmende Klangrede statt, die eine Vielfarbigkeit entwickelt, bei der die Farben aber nicht verwischen, sondern wie individuelle klingende Mosaiksteine aus Blütenblättern anmuten.
Zwischen den Klavierkonzerten Schuberts 4. Symphonie, die „Tragische“. Auch hier sind Schiffs Einsätze und Anfeuerungen Stimulans für die zugrunde gelegte Absicht und Bewegung. Der Einstieg weist Moll-Schwere auf, geht aber schnell über in fließende Rhythmik und entschlossene Tempi. Das Andante klingt romantisch versponnen, mit zarten Seufzern durchsetzt. Der Schlusssatz wirkt zwar ein wenig überdreht und zu rasant aufgeladen, was aber der Wirkung auf die Begeisterung der Zuhörer keinen Abbruch tut. Rundum zufriedene Gesichter über einen Vormittag voll musikalischer Expressivität und ästhetischem Klangsinn.