Zwischen den Zeiten

MOZARTWOCHE / FREIBURGER BAROCKORCHESTER / RENÉ JACOBS

27/01/14 Musik zwischen den Zeiten hat es schwer. Musik im Schatten Haydns und Mozarts ebenso. Dennoch eine lohnende Begegnung: Carl Philipp Emanuel Bachs Oratorium „Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu“ erklang bei der Mozartwoche im Haus für Mozart in Wolfgang Amadé Mozarts Einrichtung.

Von Gottfried Franz Kasparek

087Mehr als eine seriöse Einrichtung für die instrumentalen Erfordernisse, die anno 1788 in Gottfried van Swietens Wiener Liebhaberkreis bestanden, ist Mozarts Version nicht – also keineswegs zu vergleichen mit den bekannteren Transkriptionen Händel’scher Werke in die sich nach 1750 so schnell wie radikal verändernde Musiksprache. Dies war auch im Falle des stürmenden und drängenden, von den Zeitgenossen und eben auch von Mozart hochgeschätzten „Hamburger Bach“ gar nicht notwendig, bei einem gerade erst ein Jahrzehnt alten, erst 1787 im Druck erschienenen Werk.

Dass laut authentischem Bericht über die Wiener Aufführung ein „Orchester von 86 Personen“ daran beteiligt war, wirft wieder einmal ein eigentümliches Licht auf die heutige Originalklangpflege, denn das Freiburger Barockorchester fand mit einem guten Drittel sein Auslangen. Selbst wenn damals der Chor mitgerechnet wurde, fehlte da noch ein gutes Dutzend Mitwirkender.

C. Ph. E. Bachs Stärke lag gewiss im phantasievollen Ausreizen der harmonischen Möglichkeiten seiner Zeit. Was sich allerdings in seinen oft mitreißend „modernen“ Stücken für Tasteninstrumente weitaus mehr mitteilt als im Oratorium. Komponiert auf ein für damalige Verhältnisse nicht allzu blumiges Libretto von Karl Wilhelm Ramler, 088ergibt es ein seltsam disparates Bild. Einerseits verblüffen immer wieder kleine, atmosphärische Klangstudien in den weit ausgedehnten Rezitativen, andererseits wird in den mäßig inspirierten, noch sehr barocker Formensprache verhafteten Arien und Duetten klar, dass die Stärke des zweiten Sohns des großen Johann Sebastian nicht so sehr im Melodischen lag. Und auch nicht im Ausdeuten eines Textes, das sich häufig in oberflächlich ratternden Koloraturen erschöpft. Insgesamt blieb der Eindruck eines ambitionierten Stücks, welches sich auf halbem Weg vom väterlichen Erbe – dessen Tiefe und Ausdruckskraft freilich unerreichbar war – und den wesentlichen Innovationen Joseph Haydns wenig später befindet.

Also ein Blick in die Musikgeschichte, der dank der routinierten und stilsicheren Leitung von René Jacobs und der Brillanz seines Orchesters im guten Sinne von Interesse war. Die Virtuosität des Fagottisten oder der an der Grenze zur Unspielbarkeit geforderten Trompeter machte gehörig Eindruck, auch wenn es ihnen Mozart ein wenig leichter gemacht hatte. Der von Denis Comtet einstudierte Rias Kammerchor aus Berlin war präzise, klang jedoch etwas trocken. Erst im Finale des Werks, in dem der Komponist offensiver, kantiger Dramatik huldigte, kam im Chorsatz wirkliche Stimmung auf.

086Die schwedische Sopranistin Miah Persson scheute im ersten Teil vor edlem Vibrato nicht zurück, im zweiten Teil saß sie mangels Einsätzen nur mehr dekorativ in der Partitur blätternd am Bühnenrand, um auf ihren Blumenstrauß beim Schlussapplaus zu warten. Eine originelle Lösung, vor allem dann zu empfehlen, wenn wer so attraktiv sitzen und gewinnend ins Publikum lächeln kann wie Frau Persson. Der bayrische Tenor Maximilian Schmitt, als Landestheater-Tamino in Salzburg in bester Erinnerung, ist ein intelligenter Gestalter mit ein bisschen an Peter Schreier erinnernder, nasal-weicher Höhe. Michael Nagy, der aktuelle Bayreuther Wolfram, ist ein erstaunlich vielseitiger Bariton, dem auch die geforderten Verzierungen keine merkbaren Probleme machten und der in den Rezitativen mit seiner Opernerfahrung punktete. Herzlicher Applaus für alle Mitwirkenden.

Hörfunkübertragung: 2. Februar, 11.03 Uhr, Ö1
Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher