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Zauberspiegel

MOZARTWOCHE / MINETTI QUARTETT / HERBERT SCHUCH

28/01/14 Vielleicht hat ja sogar die Welt draußen den Atem angehalten. Drinnen jedenfalls stand die Zeit still: Angehalten von Herbert Schuch, dem Minetti Quartett und den Solisten des Latvian Radio Choirs mittels „kleiner“ Werke von Arvo Pärt.

Von Heidemarie Klabacher

„Spiegel im Spiegel“ von Arvo Pärt komponiert im Jahr 1978 ist ein „einfaches“ Stück: Im Klavier zerlegte Dreiklänge und da und dort ein sanft hin gebreiteter Bass- oder ein zarter hin getupfter Diskantton, harmonisch alles überschaubar, ja schlicht. Im Violoncello einzelne aufblühende Töne, die sich weniger zu einer Melodie zu verbinden, als mit jedem Erklingen der Welt eine Nabe anzubieten scheinen - zum ruhevollen sich Weiterdrehen.

Herbert Schuch und Leonhard Roczek, der Cellist des Minetti Quartettes, verliehen „Spiegel im Spiegel“ einen vollendeten Klang-Schliff. Kristallspiegel? Aus venezianischem Glas? Der Titel meint ja eher den quasi geometrischen Aufbau des Stücks. Die so klangfarbenreiche und dabei so geradlinig schlichte Interpretation von Herbert Schuch und Leonhard Roczek mit dem jeweils genau dosierten, sehr zurückhaltenden Maß an Pedal oder Vibrato, erweckte aber auch unzählige bildhafte Assoziationen. Spiegel im Spiegel im Spiegel aus Kristall jedenfalls: Die Sichtfläche klar wie ein See, der Rahmen kostbar facettiert, um dem Licht nur ja unzählige Möglichkeiten zum Auftreffen und zur Reflexion zu bieten.

Spannend die zweifache Begegnung mit Arvo Pärts Stück „Summa“: Die Vertonung des katholischen Glaubendbekenntnisses für vier Stimmen a cappella aus 1977 eröffnete und die Fassung aus 1991 für Streichquartett beschloss das Konzert. In beiden Versionen entwickelt das archaisierende, auf parallel laufenden zweistimmigen Grundmotiven basierende Stück einen packenden Sog. Die sich jeweils sich nur um quasi Haaresbreite gegeneinander verschiebenden Motive vermitteln ebenfalls einen Hauch von Unendlich- oder Ewigkeit. Präzise, strahlend klar und vollendet geradlinig sangen die die acht Solisten des Latvian Radio Choir die Urfassung. Mit etwas mehr Bewegung, kleinen und kleinsten Tupfern irdischer Energie, versah das Minetti Quartett die streng dahin schreitenden Motive.

„Zwei Wiegenlieder“ für Gesang und Klavier aus 2002: Herbert Schuch begleitete die vier Solistinnen des Latvian Radio Choir bei diesen kleinen Prätiosen, die nur einen Wunsch übrig ließen: den nach weiteren Vokalstücken des lettischen Komponisten.

Ein wenig „moderner“, bewegt changierend zwischen zwölf-tönigen und neoklassizistischen  Ansätzen mit kleinen virtuosen Passagen dazwischen: So kommen die beiden Sonatinen op. 1/1 und op. 1/2 daher. Herbert Schuch spielte Arvo Pärts „offizielles“ Opus 1 mit der ihm eigenen virtuosen Transparenz.

Das Klavier steht auch im Zentrum des „Mozart-Adagio“ für Violine, Violoncello und Klavier aus 1992. Das Mozart Adagio f-Moll aus der Sonate F-Dur KV 280 hat Pärt hingeschrieben wie von Mozart komponiert und „nur“ mit Einleitung und Coda und vor allem mit einem durchgängigen dissonanten „Kommentar“ versehen, den man freilich kaum als Dissonanz wahrnimmt: So organisch verschmelzen Original und moderne Übermalung.

Zu den soghaftesten (und meistgespielten?) Werken Arvo Pärts gehört „Fratres“, das ebenfalls in verschiedenen Fassungen vorliegt. Am Sonntag (26.1.) im Solitär erklang die Streichquartett-Fassung aus 1989. Das Cello leitet mit jeweils sechs Pizzikato-Tönen die insgesamt neun Mal auf verschiednen Tönhöhen wiederholte Melodie von erster Geige und Viola ein. Die zweite Violine gibt auf einem gleich bleibenden Klang eine Art „kosmischer Hintergrundstrahlung“ ab: Die Interpreation des Minetti Quarettes führte Gedanken und Emotionen weit hinaus aus dem Konzertsaal in der winterlichen Mozartstadt.

 

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