Gluck als Vorspurer für Mozarts „Titus“
MOZARTWOCHE / CAMERATA / LOUIS LANGRÉE
28/01/13 Ein Operntitel – „La Clemenza di Tito“ – und zwei Komponisten: Gluck schrieb sein Werk 1752, Mozarts 1791 komponiert. Louis Langrée und die Camerata stellten ausgewählte Arien aus den beiden Opern einander gegenüber.
Von Elisabeth Aumiller
Im 18. Jahrhundert kam es häufig vor, dass verschiedene Komponisten den gleichen Stoff vertonten. Bis heute lebendig geblieben unter vielen gleichen und ähnlichen Sujets, ist freilich nur Mozarts Werk. Knapp vierzig Jahre liegen zwischen den Vertonungen von Gluck und Mozart. Auch wenn der Vergleich auch diesmal zugunsten Mozarts ausfiel, verdeutlichten die Kostproben aus dieser frühen Gluck-Oper musikgeschichtlich das Vorspuren auf dem Entwicklungsweg zu Mozart hin.
Jedenfalls durften sich die Konzertbesucher am Montag (27.1.) eines besonderen Hörgenusses erfreuen mit drei fabelhaften Solisten und dem deliziös klingenden Orchester. Die französische Mezzosopranistin Marianne Crebassa, in bester Erinnerung aus der „Lucio- Silla“-Produktion des Vorjahres, gewann sogleich die Herzen der Zuhörer mit den Arien des Sesto „Parto, ma tu ben mio“, gleichlautend bei Mozart und Gluck und zusätzlich „Se mai senti“ aus dem Gluck’schen Opus. Wunderbar geschmeidig sang sie Mozarts Koloraturen, ebenso virtuos begleitete Wolfgang Klinser auf der Bassettklarinette. Mit Ausdruck und präsentem Fokus setzte Marianne Crebassa ihre Stimme ein, deren individuelles Timbre mit metallisch glänzender Leuchtkraft auf dunklerem Grund von großem Reiz ist und Begeisterung auslöste. Ein Stern steigt auf am Mezzosopranhimmel.
An gesanglicher Kompetenz standen ihre beiden Mitstreiter nicht nach. Die Sopranistin Malin Hartelius fühlte sich indes bei Mozart mehr zu Hause als bei Gluck. In Rezitativ und Rondo-Arie der Vitellia „Non piú di fiori“ konnte sie ihre Stärken zum Tragen bringen, sang mit Höhenglanz, expressivem Einsatz und stieg bruchlos mit schlanker Stimmführung auch in extrem tiefe Passagen hinab. Auch ihr zur Seite Wolfgang Klinser mit schmeichlerisch tönendem Bassetthorn.
Andrew Staples gab die Titus-Arien „Del piú sublime soglio“ beider Komponisten und dazu noch einen weiteren Gluck-Titus, „Tu, infedel“. Auch Staples' heller Tenor konnte mit Fokus und Strahlkraft punkten, schwang sich auf zu leuchtenden Fortespitzen, wusste aber ebenso die Stimme weich und ausdrucksvoll im Mezzavoce zu führen. Eine ansprechende Leistung.
Die Camerata und Louis Langrée: Das bedeutet temperamentvoll feuriges Musizieren, forsche Volltönigkeit ebenso wie elegant oszillierende Klangqualität. Langrée setzte schneidend scharfe Akzente in dramatisierendem Brio im Wechsel mit sanft wiegender Wellenbewegung. Die Sänger begleitete er einfühlsam, gleichsam auf Händen tragend. Auch die Solo-Oboe von Matthias Bäcker durfte mit Effekt ihre Kantilenen schwingen.
Die „Prager Symphonie“ D-Dur KV 504 in ihrer Nähe zum „Don Giovanni“ zeigte ein vielschichtiges Stimmungsspektrum: leidenschaftlich, hintergründig geheimnisvoll, vorwärtsdrängend, kannte poetischen Feinschliff ebenso wie melancholisch angehauchte Gefühligkeit, war vor allem aber Ausdruck blutvollen Musizierens.