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Aus anderen Welten

MOZARTWOCHE / CAMERATA / LATVIAN RADIO CHOIR

02/02/14 Chormusik mit einem ausgedehnten Oboen-Intermezzo. Die Matinee am Samstag im Großen Saal des Mozarteums vereinte die drei wesentlichen Komponisten der Mozartwoche 2014 und wurde zuletzt zu einer eindrucksvollen Weihestunde für die Spiritualität von Arvo Pärt.

Von Gottfried Franz Kasparek

132Die beiden kurzen geistlichen Stücke für Chor und Orchester von Mozart, die ins Programm eingestreut waren, passten gut zu Arvo Pärt. Denn sowohl das eigenartig fröhliche „Sancta Maria, mater Dei“ als auch das berühmte, meditative „Ave verum corpus“ verbinden  kunstvolle Chorsätze mit inniger Religiosität und sind im Grunde schlichte Bekenntnisse. Der von Sigvards Klava einstudierte „Latvian Radio Choir“ beherrscht auch diese Musik perfekt und der dirigierende Chorleiter T?nu Kaljuste am Pult der Camerata Salzburg erwies sich als sympathisch getreuer Sachwalter des Notentextes.

Aus einer anderen, einfachen Welt scheinen nicht nur Mozarts Motetten zu kommen. Auch das Konzert für Oboe und kleines Orchester des 81jährigen Richard Strauss wirkt wie ein musikantischer Gruß aus fernen Zeiten, „ein halb mal lustig, ein halb mal traurig“, wie es im „Rosenkavalier“ heißt. Anno 1945 war ein derart balsamisch klingendes Stück kunstgewerblicher Spielmusik eigentlich fern jeder Realität und kann, wie immer in solchen Fällen, auch als Traum von besseren, vor allem von vergangenen Welten gelten. Das Aufrauschende der Spätromantik ist zurück genommen zugunsten luzider Transparenz, die sich im Andante-Mittelteil sogar ein wenig mit Pärts Kargheit zu treffen scheint.

131Die mit dem Solisten aufmerksam mitatmende, oft samtweich aufspielende Camerata und der partnerschaftliche Dirigent umgaben den Solisten mit der nötigen klanglichen Aura. François Leleux ist ein Oboist, der mit seinem Instrument gleichsam verwachsen ist, der kein technisches Problem kennt, der schwelgerische Kantilenen blasen und nahtlos zu quirligem Virtuosentum wechseln kann. Glänzender und stimmigen kann man dieses Konzert nicht spielen. Noch dazu ist Leleux auch ein pfiffig agierender, aber nie aufdringlicher Selbstdarsteller. Ihm beim Musikmachen zuzuschauen, macht einfach Spaß.

Besonders großen Spaß machte die als Zugabe auf der Oboe elegant „gesungene“ Rachearie der Königin der Nacht aus Mozarts „Zauberflöte“, in der nicht „Tod und Verzweiflung“, sondern hintergründiger Witz dominierte, lustvoll begleitet vom hier dirigentenlosen Orchester.

Von Strauss gab es auch die Kuriosität „Der Abend“, für 16stimmigen gemischten Chor a cappella auf einen Schiller-Text. Die 25 Damen und Herren des lettischen Weltklasse-Chors ersetzten die vom Komponisten gewünschten 200 Choristen aufs Beste und bewältigten die wahnwitzigen Schwierigkeiten der Partitur bewundernswert, auch sprachlich. Welch ein Kontrast besteht zwischen diesem artifiziellen Stück und den Reduktionen auf das unbedingt Notwendige in den beiden gewichtigen Werken von Arvo Pärt! Beim estnischen Meister der Mystik ist der Chor ganz in seinem Element; grandios besonders die Sonorität der tiefen Männerstimmen und der Silberklang der Soprane.

Entspricht das lateinische „Salve Regina“ in der atmosphärischen Version mit Celesta und Streichorchester von 2011 noch eher einer traditionellen Kirchenkantate, so ist „Adam’s Lament“ (2009), ein russischer Klagegesang vom Berg Athos, erfüllt von östlichen Geheimnissen des Glaubens, voll altgoldener Streicherfarben, im Vokalen wechselnd zwischen expressivem Aufschrei und magischer Stille, ja Stillstand. Arvo Pärt nahm die Standing Ovations am Ende sichtlich gerührt entgegen. Chor und Orchester entließen das Publikum mit einem vom Meister in ruhige Schönheit gefassten estnischen Wiegenlied.

Bilder: www.tonukaljuste.com/Martin Lazarev (1); www.francoisleleux.com (1)

 

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