asdf
 

Wie Brechts episches Theater in Musik

MOZARTWOCHE / WIENER PHILHARMONIKER / BARENBOIM

03/02/14 Daniel Barenboim und die Wiener Philharmoniker, eine Geschichte von Vertrauen und Einverständnis, zuletzt erprobt beim Neujahrskonzert. Nun also, am Samstag (1.2.) bei der Mozartwoche, statt Strauß mit Mozart: es ist eine sehr eigene Lesart der letzten drei Symphonien, die sie vorstellen.

Von Christiane Keckeis

002Die Strenge Sarastros klingt aus den ersten Akkorden der Es-Dur-Symphonie und streng, ernst geht es weiter, gänzlich unsentimental, mit langen Bögen, unaufgeregt, aber stets ernsthaft und wenn dramatisch, dann allenfalls introvertiert, streckenweise fast ein wenig nüchtern, oft kammermusikalisch durchsichtig. Auf Spielerisch-Elegantes wird fast vollständig verzichtet, erst im flinken Finalsatz darf der heitere Mozart vorsichtig um die Ecke schauen.

Ein wenig wie Brechts episches Theater auf Musik umgelegt wirkt auch die g-moll Symphonie: Da überträgt sich der große Fluss als Idee, weniger die individuelle Aufgeregtheit und Dramatik. Barenboim wählt für den Anfangssatz ein flüssiges, sehr geschwindes Tempo mit langen Phrasen, er hält kaum inne, es gibt keine Verzögerungen, kein Luftholen, wirkt manchmal fast verhetzt, was nicht ganz unproblematisch ist, das ein oder andere kleine Hoppala zeugt von der Ungewohntheit des fast mechanisch durchgezogenen Metrums. Ohne jegliche Effekthascherei, nun eher im unteren Tempobereich, entfaltet sich das Andante zu einer Dichte: breites Streichen, Facetten im Klang und viel Feinarbeit in der Dynamik lassen Spannung ohne Erregtheit entstehen. Wie schon im ersten Satz fällt auch im Allegro assai auf, dass Barenboim das Tempo durchzieht: kein rallentare, kaum eine Fermate, ein Rennen ohne Atemholen mit wenig Platz für gestaltete Dialoge bis zum brillianten Schluss. Das ist eindrucksvoll, wenngleich auch nicht sehr berührend.

Auch die „Jupiter“-Symphonie  beginnt ernst und zügig, nichts Forciertes, Verzicht auf viele Akzente, lange Phrasen machen auch diese Deutung aus. Gelassene Pracht und ruhiges Schwingen im Menuett  münden in einen leidenschaftlichen Schluss-Satz, die lang gebändigte heftige Emotion bricht durch, ein Ende der Gelassenheit, der Introversion, nach dem etwas wackligen Hineinfallen in den Beginn gestalten die Philharmoniker mitreißend bis ins Detail mit vollem Engagement ein prachtvolles Bild.

Und dass eben die Wiener Philharmoniker sich dem Programm widmen, führt immer wieder zu einmalig schönen Momenten: die Feinheiten der Violinen in  Pianolinien, die Kultiviertheit der Bläser, die Variationen der Klangfarben in den Streichern, die kammermusikalisch ziselierten Einlagen der Holzbläser – das schafft Ausdrucksmöglichkeiten, die ebenso innig wie vielfältig sind.

Bild: ISM / Wolfgang Lienbacher

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014