So richtig busy

MOZARTWOCHE / WIENER PHILHARMONIKER / SOKHIEV

28/01/16 Ja, das gibt es: Dirigenten, die beim ersten Hinschauen wirken, als ob sie sich gar nicht einkriegen könnten vor lauter Mitteilungsdrang. Tugan Sokhiev, am Mittwoch (27.1.) am Pult der Wiener Philharmoniker, ist so einer.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Stunde der Wahrheit hat aber bald geschlagen, denn schon im Mozarts Haffner-Symphonie ist herausgekommen, dass Sokhiev eigentlich nur das dirigierte, was ihm die Philharmoniker ohnedies vorspielten, mit recht breiten Bogenstrichen. Können sie eh gut. Wenn sie auf sich gestellt sind, spielen sie das Werk seit Jahrzehnten genau so und nicht anders.

Bei der „Italienischen“ ist es dann deutlich mehr aufgefallen, dass all die emsige Zeichengeberei des 1977 in Nordossetien geborenen Dirigenten dem Orchester wenig bis gar nicht weitergeholfen hat. Die Musik wollte und wollte nicht vom Fleck kommen und die Italianitá à la Mendelssohn hat diesmal ein bisserl so geklungen, als sei eine größere Gruppe Menschen gerade beim Verdauen der vierten Portion Pasta. Auch nicht ungut, aber ein bisserl erdschwer halt.

Wie mag Henri Dutilleux' Violinkonzert mit dem poetischen Titel „L'arbre des songes“ (Der Baum der Träume) klingen, wenn nicht bloß ein feiner Geiger, sondern auch ein fantasiereicher Klangorganisator als Dirigent zur Verfügung stünde? Die Harmonieflächen dieser Musik, die den Impressionismus ganz eigenwillig herüberführt in eine moderat-heutige Tonsprache, waren bisweilen recht üppig angelegt. Da hätte man gerne genauer hinein hören dürfen in eine Instrumentation, die bei der Erstbegegnung mit dem Stück so wirkt, also ob sich eine zweite oder gar dritte Begegnung wirklich lohnte.

Mit dem etwas Dicklich-Flächigen (auch in motorisch bewegteren Episoden) hat man jedenfalls dem Geiger Renaud Capuçon nicht optimal zugespielt, der sich über Strecken gleichwohl „freizuspielen“ wusste, ganz im Wortsinn. Ohne tonlich zu forcieren hat er anklingen lassen, wie viel Interaktion mit den charismatisch zusammengemischten Bläserimpulsen und dem reich besetzten Schlagwerk (zu dem sogar ein Zymbal rechnet) wohl möglich wäre.

Hörfunkübertragung: 7 . Februar, 11.03 Uhr, Ö1
Das dritte "Philharmonische" dieser Mozartwoche - mit Pablo Heras-Casado statt Nikolaus Harnoncourt am Pult - am Samstag (30.1.) um 19.30 Uhr im Großen Festspielhaus gilt ausschließlich Werken von Mendelssohn: der Ouvertüre "Märchen von der schönen Melusine", dem Psalm "Wie der Hirsch schreit" und der "Schottischen" - www.mozarteum.at
Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher