Lausbuben(genie)streiche

MOZARTWOCHE / CAMERATA SALZBURG / FAZIL SAY

29/01/16 Hermann Friedrich Raupach, Leontzi Honauer, Johann Gottfried Eckart – schon mal gehört die Namen? Es waren wackere Früh-Klassiker, tätig und rasch vergessen in Stralsund, Straßburg und Augsburg. Leopold Mozart hat Noten von ihnen ergattert und sie seinen elfjährigen Sohn zu Klavierkonzerten umarbeiten lassen: den „Pasticcio-Konzerten“.

Von Reinhard Kriechbaum

Als Übungs- und Demostücke von einem und für einen Knaben, der schon verdammt gut Klavier spielen hat können, führen sie ein Schattendasein im niedrigen zweistelligen Bereich des Köchelverzeichnisses. In der Mozartwoche hörte man am Donnerstag (28.1.) drei der vier Konzerte (KV 37, 39, 40), mit der Camerata Salzburg und Fazil Say als Solisten.

Eine Musik, die manchmal herzerfrischend rumpelt und pumpelt, dann wieder nett und galant sich in die Ohren schmeichelt und im übrigen nicht vorgibt, irgend etwas Besseres zu sein. Vater Mozart hat die Pasticcio-Konzerte aus gutem Grund weggelassen, als er stolz die Jugendwerke seines Sohnes auflistete. Aber das heißt nicht, dass es nicht ein rechter Spaß wäre, sie mal genauer anzuhören. Sagen wir's unverblümt: Die Camerata hat die Sau rausgelassen, und Fazil Say ist sowieso genau der Richtige für so etwas. Auch mit 45 mimt er rollendeckend den schelmischen Lausbuben, der fingerfertig drauflos rasselt, aber auch gelegentlich den eigenen Übermut einfängt und uns Hörer kurz Staunen macht: Da und dort blitzt ein Hauch von juvenilem Genius auf in diesen Noten!

Ein Konzert voller Lausbubengeniestreiche also, und das meint die Kompositionen ebenso wie die Wiedergabe. Mozart hat gelernt und sich erprobt an diesen Stücken, das Bearbeiten und vor allem, wie man als pianistische Rampensau Furor macht. Fazil Say kann das schon lange. Was er an Kadenzen einbringt, die oft anheben wie eigene kleine Klaviersonaten und oft tollkühn irgendwohin wegdriften – das hat Witz und ist auch von der sportiven Seite her gekonnt. Freistil eben. Jubelstürme für Fazil Say, was sonst.

Auch diesmal wie jeden Abend hörte man Mendelssohn, und auch von ihm juvenile Geniestreiche. 14 Jahre war er alt, als er mit seiner gar nicht „kleinen“ 12. Streichersymphonie (g-Moll) quasi den Geist von Bachs Brandenburgischen Konzerten in seine Zeit hinüber führte. Und am (späten) Konzertend dann die „Achte“: Die ist immerhin eine Paraphrase auf Mozarts Jupter-Symphonie, von der der Jüngling tief beeindruckt war. Den Kontrapunkt hatte der Bursche drauf, man schaut nur so. Auf die Idee, einen Adagio-Satz für geteilte Bratschen zu schreiben, muss einer in dem Alter auch erst kommen.

Der Abend hat Spaß gemacht. Bedenkt man diese Unmenge an nicht immer ganz logisch gesetzten Noten von zwei Genies, die damals eben noch Halbstarke waren, muss man auch anerkennen: Konzertmeister Gregory Ahs hat seine Crew recht gut bei der Stange gehalten.

Rundfunkübertragung am 7. Februar um 19.30 Uhr, Ö1
Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher