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Das Treffen der Generationen

HÖRVERGNÜGEN / FINGERLOS / HAGER / MOS

03/12/21 „Wenn ich ein Problem habe und dann Mozart höre, denke ich mir oft: Es ist alles halb so schlimm. Vielleicht – oder hoffentlich – ergeht es Ihnen ja ähnlich.“ Das schreibt der Bariton Rafael Fingerlos im Booklet zur CD Mozart made in Salzburg.

Von Andreas Vogel

Spitzbübisch und keck lächelt er vom Cover dieser CD voller „good vibes“, die eine beglückende Zusammenkunft von Dirigent, Orchester und Solist dokumentiert: Rafael Fingerlos, das Mozarteumorchester und Leopold Hager „entdecken“ Mozart. Das Mozarteumorchester hat die diversen Pandemie-Pausen für Aufnahmeprojekte genutzt. Eins davon ist das Album Mozart made in Salzburg mit Arien und Liedern für Bariton von Mozart erschienen beim Münchner Label Solo Musica.

Der 34-jährige Rafael Fingerlos, geboren in Mariapfarreim Lungau, ist mittlerweile ein international gefragter Sänger. Fingerlos, dessen Karriere von der Teilnahme am Young Singers Project der Salzburger Festspiele in eine Mitgliedschaft im Ensemble der Wiener Staatsoper (von 2016 bis 2020) mündete, hat sich nun mutig und zurecht für eine neue Ära als freier Sänger entschieden. Er wolle, so Raffael Fingerlos, „noch viele neue musikalische Abenteuer in Konzert- und Opernhäusern auf der ganzen Welt zu sammeln“. Die Zwangspausen rund um Corona nutzte der Künstler höchst produktiv und widmete sich einem fehlenden Teil seines diskographischen Puzzles: Nach vielen Liedaufnahmen erschien Ende Oktober eine Arien-CD resultierend aus seiner Liebe zur Oper. „Mozart also“, schreibt Fingerlos in seinem eigenen sehr persönlich verfassten Booklet zur CD.

Eingespielt wurden von Fingerlos bereits auf der Bühne szenisch interpretierten Arien wie Papagenos Der Vogelfänger bin ich ja oder Ein Mädchen oder Weibchen aus der Zauberflöte. Dazu kommt das von Mozart als Einlagearie konzipierte Rivolgete a lui lo sguardo des Guglielmo aus der Così oder das herrlich verführerische Deh vieni alla finestra des Don Giovanni. Letzteres souverän begleitet vom langjährigen Geiger des Mozarteumorchesters Lauro Comploj auf der Mandoline.

Bereichert und ergänzt wird die Auswahl mit seltenen Buffo-Arien wie der machohaften Warnung KV 433 eines Frauenhelden oder dem zynisch-patriotischen Kriegs- und Volkslied Ich möchte wohl der Kaiser sein“ KV 539. Koloraturfähigkeit beweist der Sänger in Nur mutig, mein Herze aus der unvollendeten Oper Zaide KV344. Und auch dem Lied-Schaffen Mozarts sind zwei der insgesamt achtzehn Tracks gewidmet: An Chloe KV524 und Wie unglücklich bin ich nit KV147. 

Hier muss die besonders beglückende Zusammenarbeit mit dem legendären Dirigenten, in diesem Fall auch lustvoll agierendem Klavier-Liedbegleiter, Leopold Hager erwähnt werden. Auf Wunsch von Rafael Fingerlos wurde der über achtzigjährige Salzburger und ehemalige Chefdirigent des Mozarteumorchesters eingeladen, seinen großen Erfahrungsschatz im Mozart-Dirigieren für die Aufnahme beizutragen.

Diesen hat Hager bei vielen Mozartwochen (erste vollständige Aufführung von Il Sogno di Scipione im Jahr 1979) oder etlichen Festspielauftritten (bereits 1954 das erste Mal im Großen Saal des Mozarteums mit geistlichen Werken Mozarts) unter Beweis gestellt. Diese aktuelle Mozart-CD stellt also ein Generationentreffen der besonderen Art dar. Es ist eine wahre Freude, dass ein junger Interpret einmal nicht alles Gewesene über Bord werfen will, sondern sich gemeinsam mit eigentlich gar nicht so altmodischen Ansätzen ans lohnenswerte Entdecken von Mozart-Interpretationen macht.

Eine besondere Erfahrung für Rafael Fingerlos als lupenreiner und voll tönender, in der Höhe ebenso fokussierter Kavaliersbariton sind übrigens die beiden für ihn neuen und von Hager als Perspektivenwechsel gegenüber der Figur des Conte empfohlenen Arien des Figaro – und die den Mozartforschern erst seit zwanzig Jahren bekannte Alternativ-Cabaletta der Grafen Arie Verdrò mentre io sospiro aus Le nozze di Figaro. Mozart hatte diese im Jahr 1789 für den Sänger der Wiener Aufführung umgeschrieben und mit insgesamt vierzehn hohen „g“ versehen. Beinahe unsingbar. Diese virtuose Tour de Force wird im Album der üblichen Originalfassung gegenübergestellt. Fingerlos nimmt es mit Humor und Ehrfurcht: „Mozart ist schonungslos, zeigt alles auf, die positiven Möglichkeiten genau wie die Grenzen einer Stimme.“ Alles samt also eine Sammlung höchst virtuoser Bravourstücke für Bariton oft in Buffomanier, die mit einer so gut zu Mozart passenden spitzbübischen Stimme (da war doch mal ein Hermann Prey?) gesungen und von Orchester und Dirigent im freundschaftlichen Teamwork mit musikalischem Gefühl begleitet werden. Mozart made in Salzburg eben.

Bilder: Solo Musica / Booklett / Theresa Pewal, Walter Skokanitsch,
Mozart: Rafael Fingerlos, Mozarteumorchester Salzburg, Leopold Hager. SM 377 - solo-musica.de

 

 

 

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