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Freude an der Bratsche

 

CD-KRITIK / MICHAEL HAYDN / STREICHQUINTETTE

04/02/15 Im Gegensatz zu Mozart, der neben seiner komponierenden und Orgelspiel-Tätigkeit für den Salzburger Erzbischof auch in die Rolle des Konzertmeisters schlüpfte, also die Geige spielte, war Michael Haydn Organist und Bratschist. Vielleicht deshalb geben die Streichquintette aus seiner Feder viel her.

Von Reinhard Kriechbaum

Er könnte jedenfalls an dieser Besetzung gerade wegen des Selber-Spielens besondere Freude gehabt haben, mutmaßt der Booklet-Autor einer brandneuen Gesamteinspielung auf zwei CDs. Diese Quintette verlangen nämlich durchwegs zwei Bratschen.

Die Vornamen der Haydn-Brüder sind den Zeitgenossen gelegentlich durcheinander gekommen und raffinierte Verleger haben mit der Berühmtheit des Eisenstädter Meisters durchaus spekuliert: Der sehr angesehene Johann André in Offenbar veröffentlichte Michael Haydns Opus in C-Dur (aus dem Jahr 1773) sogar unter Josephs Namen… Der habe freilich „immer mit vier Stimmen genug gehabt“ und „die fünfte Stimme nicht finden können“. Das ist eine Perspektive früher Biographen aus dem 19. Jahrhundert, aber Tatsache: Michael Haydn hat eben Quintette geschrieben, wogegen Stücke für solche Besetzung von seinem Bruder nicht überliefert sind.

Bei cpo ist dieser Tage eine Gesamtaufnahme Streichquintette erschienen, nach 40 Symphonien, Bläserkonzerten, Divertimenti und Notturni, drei musikdramatischen Werken und zwanzig Männerquartetten. Dafür, dass sich dieses Label so sehr für den Salzburger Haydn einsetzt, sorgt natürlich die Johann Michael-Haydn-Gesellschaft. Auch die Internationale Salzburg Assiciation hat finanziell nachgeholfen, und dort, im Palais Kuenburg in der Sigmund-Haffner-Gasse, ist das Ensemble unter dem Namen „Salzburger Haydn-Quintett“ auch zur Aufnahme zusammen gekommen.

Interessant die Gruppe, die sich für diese durchwegs musikalisch attraktiven Stücke einsetzt: Die Szene Alter Musik ist international eng vernetzt und es gibt so manchen Grenzgänger. Da sitzt also neben Hiro Kurosaki, dem Originaltöner, der Barockvioline an der Universität Mozarteum unterrichtet, Frank Stadler. Er ist eben nicht nur Konzertmeister des Mozarteumorchesters und als Erster im Stadler-Quartett und oenm eine Kapazität für zeitgenössische Musik. Stadler hat auch eine mit Darmsaiten bezogene Geige stehen – und er greift sie auch an… Auch der Bratschist Herbert Lindsberger, den man eben erst bei der Mozartwoche in den Reihen der Musiciens du Louvre Grenoble (unter Monkowski) entdeckte, ist „hauptberuflich“ im Mozarteumorchester tätig. Stimmführer in Minkowskis Orchester (und Mitglied weiterer Gruppen auf historischen Instrumenten) ist der aus den USA stammend Bratschist David Glidden. Und auch der aus Bilbao stammende Cellist Josetxu Obrégon ist ein Originaltöner durch und durch.

Ein internationales Grüppchen also, das mit dem nötigen aufführungspraktischen Know How und eben auf dem in der Szene längst üblichen hoch professionellen Level an die Sache rangeht. Letztlich ist ja doch Satz um Satz aufs Neue zu zeigen, dass Michael Haydn, wenn schon nicht auf Mozart’scher Überhöhe, so zumindest auf Augenhöhe mit seinen komponierenden Zeitgenossen agierte. Manchmal sogar ein wenig darüber. Dass dem gelegentlich so war, davon zeugen eben die nicht wenigen cpo-Aufnahmen.

Der Verwendungszweck dieser Stücke mag unterschiedlich gewesen sein. Divertissement am Hofe des Erzbischofs war eine übliche Verwendung. Im Fall des gleich siebensätzigen Werks in F-Dur haben wir wohl eine echte „Nachtmusik“ vor uns: Ein Stück für einen abendliche Stadtspaziergang am Ende eines Studienjahres, das wie die Serenaden Mozarts mit einem unverzichtbaren Marsch endet. Nur in häuslichem Ambiente und vor konzentriertem Publikum kann man sich einen zarten Variationensatz wie jenen aus dem Quintett in C-Dur vorstellen: Wunderbar, wie da die Bratsche mit dem Thema anhebt, begleitet von Pizzikato-Tönen und alsbald filigran umspielt von den Geigen. Wirklich gut möglich, dass Michael Haydn dieses Werk quasi sich selbst als Bratschist geschenkt hat.

Michael Haydn: The Complete String Quartets. Salzburger Haydn-Quintett. cpo 777 907-2 – www.jpc.de

 

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