Gut Ding darf Weile brauchen

SOFA SURFERS / BLINDSIDE

11/04/10 Sie hätten sich Zeit gelassen, um als Kollektiv stärker zu werden, sagt man im Lager der Sofa Surfers, um die Lücke zwischen dem roten 2005er-Album „Sofa Surfers“ und dem aktuellen Longplayer „Blindside“ zu erklären.

Von Oliver Baumann

Dabei versteht sich Kollektiv als die Verschmelzung der frühen Sofa Surfers, die sich auf elektronische Soundcollagen verstanden, und dem neuen Bewusstsein mit Mani Obeya einen ausdrucksstarken Sänger vor die Musik spannen zu können.

Mit „Blindside“ liegt nun das Resultat dieser Bewusstseinserweiterung vor und zeigt, dass gut Ding Weile brauchen darf. Bereits die ersten verstohlenen Klaviertöne des Openers „Playing The Game“ bauen subtil und verheißungsvoll Spannung auf. Mit dem einsetzenden Bassgewummer nimmt ein kraftvolles und geradliniges Album seinen Lauf. Ohne auf die elektronischen Hintergründe zu vergessen lassen Kienzl & Co. kreischende Gitarren den Sound verdichten, unterlegen Obeyas Stimme mit einem wuchtigen Soundteppich. Diese Mixtur funktioniert und erreicht auf „Tired Nation“ oder „100 Days“ ansteckende Kraft. Bei mittelschnellem Tempo wird die Schwere des deftigen Beats ausgekostet. Das hat schon den drei Brenner-Roman-Verfilmungen einen wirkungsreichen Hintergrund verliehen und weckt Erinnerungen an die Highlights früher Massive Attack-Alben.

Mit dem Kracher „Heavy Water“ schlägt die Wiener Band in der Mitte des Albums einen weniger geradlinigen Kurs ein und nimmt den Zuhörer fortan auf einen Ausflug in unerwartete Gefilde mit. Zu „Sinus“ darf man sich getrost zurücklehnen und mit dem charmant verschleppten „Deserter“ intelligent verwobenen Modern Soul kennenlernen, ehe die Titelnummer „Blindside“ wieder treibend voranmarschiert.

Mit der neuen CD gelingt es den Sofa Surfers besser als zuletzt den Spannungsbogen zu erhalten, das angereicherte Soundgefüge durchgehend zu bewahren und in einigen Textpassagen auch deutliche Worte zu Irrungen und Wirrungen unserer Zeit zu finden: „All connected, one infected and we all fall.“

Und nicht zuletzt weist „Blindside“ viele Tracks auf, deren Umsetzung auf der Bühne vielversprechend anmutet. Ob das neue Programm live seiner CD-Vorlage tatsächlich gleichkommen kann, werden die Sofa Surfers am 24. April (20 Uhr) im Salzburger Rockhouse unter Beweis stellen.

Sofa Surfer. „Blindside“. Monoscope Productions 01-2010 - www.sofasurfers.info