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Tür auf ins barocke Wunderland

STIFTUNG MOZARTEUM / IL GIARDINO ARMONICO

21/04/17 Mit Beginn des Programms, das diesmal im Zeichen Neapels zwischen 16. und 18. Jahrhundert stand, öffnet Il Giardino Armonico die Tür in ein Wunderland: in eine Welt der Farben, der Achtsamkeit, der Feinheiten, der Vitalität, bunt, abwechslungsreich, virtuos und voll Esprit.

Von Christiane Keckeis

Wenn man nach Salzburger Stauchaos samt frühlingshaft sprießenden Baustellen, nach halbstündigem Anstehen um reservierte Karten an der abenteuerlich organisierten Abendkassa der Stiftung Mozarteum im letzten Moment vor dem Auftritt der Künstler entnervt und vom Lärm der Welt erschöpft in den Konzertsitz des Großen Saales des Mozarteums sinkt, kann man darauf vertrauen, dass man von Giovanni Antonini und seiner kongenialen kleinen Gruppe ebenso behutsam wie zwingend von den Unbillen der Welt weggeführt wird. Adieu dem Lärm, dem Druck, der Hektik!

Harfe und Blockflöte eröffnen den Bilderreigen des Neapolitaners Andrea Falvonieri mit „La suave melodia e sua corrente“: Antonini schafft mit seiner Flöte eine Ruhe, die doch bewegt ist durch tausenderlei Verzierungseinfälle (welch ein Meister!) und ganz im Zusammenspiel mit Magret Köll an der Harfe. Falconieri komponiert farbige Pretiosen für unterschiedliche Besetzungen – und Il Giardino armonico zeigt daran seine musikalische Vielseitigkeit. Lebendige Phrasierungen über dahinmarschierendem Continuo, tastendes oder fröhliches Dialogisieren, filigranes Ineinander: In der Sonate „L´Eroica“ zeigt das sich quasi blind vertrauende Ensemble (diesmal ohne Flöte), wie Dynamik, Atem und Spannung zu einem spannenden Farbenspiel führen. Mit „La Monarcha“, „Il Spiritillo Brando“ und „Battaglia de Barabaso“ wird das Geschichtenerzählen beschlossen. Die „Battaglia“ gerät zum skurillen Schlachtengemälde, an dessen Ende Geigen und Flöten im Verzierungswettstreit um die prächtigsten Pfauenfedern reine Kaskaden-Orgien liefern.

Weit weniger bildreich sind die Sonaten Nr. 8 und 11 von Pietro Marchitelli für zwei Violinen und B.c., sie fordern einiges an Virtuosität von den beiden stupenden Geigern Stefano Baneschi und Marco Bianchi, aber wichtiger als das (quasi selbstverständliche) Können erscheint beim Musizieren das Aufeinanderachten im Ensemble, das Einanderspüren, Raum lassen, das Il Giardino armonico als Ensemble ausmacht. Mit einem solchen Miteinander wird es möglich, viel zu riskieren, Tempo, Ausdruck, Dynamik, niemand muss „vorsichtig“ spielen – und auch das macht die Musik so ansteckend lebendig. Auch wenn Harfe und Cembalo (Riccardo Doni) sich in Carlo Gesualdos „Canzon Francese del Principe“ in außerordentlicher Polyphonie reiben, nachlaufen und wieder treffen ist der gemeinsame Puls spürbar.

Drei Konzertstücke für Blockflöte, zwei Violinen und B.c. zeigen Meister Antonini in Höchstform: das Konzert a-moll von Nicola Fiorenza spielt mit dem Wechsel der instrumentalen Besetzung, besonders der fast liebliche dritte Satz (Grave) spielt mit dem feinen Ineinander und Auseinander von Violinen und Flöte. In Alessandro Scarlattis Sonate g-moll werden die Akzente sehr streng und dynamisch über einem weich beweglichen Bass. Ein Schmuckstück ist das Largo, in dem die beiden Geiger ihre perfekte Intonation in lupenreinem Unisono unter Beweis stellen und die Flöte in inniger Weise klagt. Francesco Mancinis Sonate e-moll beschließt mit schöner Lebhaftigkeit das Programm: Allegrissimo fordert der erste Satz und filgranissimo antworten die Musizierenden. Mit Hupfen, Stampfen und einem Saitensprung der Harfe werden die Zuhörenden wieder ins Hier und Jetzt entlassen, durch zwei Zugaben aus dem Programm, noch eine Spur inspirierter, ein bisschen getröstet. Und die Tür zum Wunderland schließt sich wieder. Begeisterter Beifall.

Bild: www.ilgiardinoarmonico.com / Paolo Morello

 

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