Freikugeln aus dem Krapfenwaldl

BLÄSERPHILHARMONIE MOZARTEUM / HANSJÖRG ANGERER

08/01/18 Das Neujahrskonzert der Bläserphilharmonie am Dreikönigstag im Großen Festspielhaus zählt längst zu den orchestralen Fixpunkten. Heuer trat man zusammen mit dem Salzburger Bachchor auf, und das Konzert wurde erstmals live in ORF III übertragen.

Von Horst Reischenböck

An Patronanzen herrschte kein Mangel. Aufgelistet waren da Salzburgs Jägerschaft, Tiroler, Südtiroler und Bayerischer Jägerverband, die Jagd Österreich und CIC als Internationaler Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd. Das zu diesem Anlass entsprechend gewandete Auditorium hätte ergo auch gar nicht der Warnung auf Zetteln im Foyer bedurft, Gewehrschüsse würden Johann Strauss' Polka „Freikugeln“ op. 326 akustisch garnieren.

Um derartige Kugeln geht es in Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“. Ihr war der Titel der Matinee „Durch die Wälder, durch die Auen“ entlehnt. Da durfte die prächtig musizierte Ouvertüre nicht fehlen, wie gewohnt im Arrangement von Albert Schwarzmann, genau so wie der bekannte Jägerchor. Die Männer des Bachchors haben ihn souverän mit sonorer Kraft und Fülle vorgetragen.

Weit weniger geläufig ist Webers Oper „Euryanthe“, deren Jägerchor ventillose Parforce-Hörner aus der Ferne zusätzlich eigenen Reiz verliehen. In Robert Schumanns Oratorium op. 112 „Der Rose Pilgerfahrt“ fand sich als echte Rarität „Bist du im Wald gewandelt“. Ein Rarissimum auch der von Howard Arman bearbeitete Chor „Laut tönet durch Berg und Tal der schmetternde Hörnerschall“ aus „Calypso“, der deutschen Fassung einer Oper von Mozart-Zeitgenosse Peter von Winter. Ihr ursprüngliches Libretto stammt übrigens von Lorenzo da Ponte.

Hansjörg Angerer servierte als engagierter Dirigent mit der international hochkarätig besetzten Formation wieder ein entsprechend rundum gelungenes Programm, in das er zu bereits früheren Gelegenheiten Gespieltes mit Novitäten mischte. Zum Auftakt den zündenden Reitermarsch op. 428 von Strauss, nicht zuletzt durch Martin Grubinger an der Rührtrommel geprägt. Im weiteren Verlauf dann wirkungsvoll die Ouvertüre zur Volksoper „Edelweiß“ von Karel Komzák dem Jüngeren mit ihren Janitscharen-Klängen inmitten, gefolgt von den Vogelstimmen schier überbordender Wasserpfeiferln in Strauss' „Im Krapfenwaldl“ op. 336. Und genauso dessen Polka „Auf der Jagd“ op. 373 wie das kurze „La Chasse“-Gegenstück aus Adolphe Adams Ballett „Giselle“.

Nach der Pause wurde das Tor in Richtung große Sinfonik aufgestoßen. Mit dem exzellent ausgekostet so genannten „Jagd-Scherzo“ aus der Zweitversion von Anton Bruckner Es-Dur-Sinfonie WAB 104 . Von Xylophon-Klängen abgesehen, hätte Bruckner das Stück wohl durchaus ähnlich für Blasorchester gesetzt. Strauss' grandiosem „Kaiserwalzer“ op. 437, speziell im melancholisch gefärbten Ausklang, vermittelte Hansjörg Angerer dann perfekt die Idee einer Vorwegnahme allen kaiserlichen Endes, wie es dann vor 100 Jahren tatsächlich eingetroffen ist. Vor „Unter Donner und Blitz“ op. 324 erinnerten „Winterlust“ op. 121 und die zärtlich ausgekostete „Libelle“ op. 204 noch an Strauss' jüngeren Bruder Joseph. Da flatterte Wenzel Fuchs, Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker, Bläserphilharmonie Mozarteum charmant voraus

„Alla Marcia“ aus der Musik zu „Karelia“ op. 11 von Jean Sibelius mochte vorausschauend Gedanken daran aufkeimen lassen, dass nächstes Jahr Finnland den EU-Vorsitz übernehmen wird. Heizte im Anschluss daran der unvermeidliche „Radetzky-Marsch“ von Vater Strauss wie geplant die Stimmung schon bis zum Siedepunkt an, so setzte des Sohnes selten zu hörende Polka „Mutig voran!“ op. 432 als Appell für 2018 dem noch eins drauf.

Wer sich für symphonische Blasmusik interessiert, wird bei der auf über vierzig CDs angewachsenen Reihe „Wind Band Classics“ des Labels Naxos fündig: Aufnahmen von amerikanischen Ensembles. Ab Februar wird Naxos auch die aktuell 26 CDs der Bläserphilharmonie Mozarteum vertreiben.
Bilder: Universität Mozarteum / Christian Schneider