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Tiefgefroren. Aufgetaut.

ASPEKTE FESTIVAL / BLOG 5

25/04/18 Welche kulturellen Spartenschubladen haben wir im Kopf? Wo ist der urbane, kulturelle Humus zu finden? Wieviel Bereitschaft zeigt Publikum für musikalische Entwicklungsphasen und nicht allein für das Ankommen in der Perfektion? Wo und wie lässt sich Experiment überprüfen? Wann ist der Zeitpunkt gekommen aufzuführen?

Von Prof. Claus Friede – Hamburg, Riga

Dass diese Fragenliste Relevanz hat, zeigt sich im Konzept des Festivals und seines Abschlussabends „frozen gesture“: Das „New Arts and Music Ensembles Salzburg“, kurz NAMES genannt, arbeitet seit Gründung im Jahr 2014 genreübergreifend. Performance, Tanz, Visual Arts, Literatur und andere künstlerische Ausdrucksformen setzen neben der Musik ihre gleichberechtigten Akzente.

Vergleichbar der eingefrorenen Geste - frozen gesture - die auch ganz andere Aggregatszustände kennt (Dampf, Luft, Rauch und Wasser) werden die Sinne des Publikums nun mehrspurig und unterschiedlich gefordert. Der Moment des Einfrierens ist kein dauerhafter, gerade weil ihm immer eine Zustandsalternative innewohnt. Diesen Moment jedoch zu genießen, ihn aber dann zum Auftauen zu bringen obliegt nicht nur den Komponisten und Komponistinnen, Künstlern und Künstlerinnen sowie Interpreten, sondern uns allen.

Kulturelle Entwicklung findet dort statt, wo es Freiräume gibt – geistige wie physische. Sie findet dort statt, wo die Dinge noch nicht vollständig dekliniert sind, wo Fragen bleiben und Untersuchungsfelder legitimiert sind. „Freiheit“ ist das Stichwort und das kennt kein fortwährendes Eingefroren-Sein. Salzburg ist prädestiniert für kulturelle Humus-Arbeit, durch Ausbildungsmöglichkeiten, kulturelle Ausrichtung, vielseitige und mutige Veranstaltungen, die Suche nach dem Neuen unterstützend und natürlich durch Personen, die derlei Ideen, Vorstellungen und Visionen bereitstellen und umsetzen. … Den richtigen Zeitpunkt für die experimentelle Aufführung zu finden, obliegt schließlich den Künstler und Künstlerinnen und den Machern und nicht dem Publikum.

Die zehn Musiker und Musikerinnen des Ensembles NAMES stellen Kompositionen von sechs jungen Komponisten und Komponistinnen vor. Allen Werken ist gemeinsam, dass sie elektronische und digitale Verfahren wie selbstverständlich einbinden.

Digitale Verfahren sind auch das Arbeitsmaterial der in Wien lebenden Medienkünstlerin und Komponistin Conny Zenk. Sie schafft mit Hilfe großer Licht- und Videoprojektionen eine eigene Atmosphäre, die zwar rhythmisch-musikalisch an auditive Wahrnehmung und Sonorität geknüpft ist, aber eigene künstlerische Wirkungsräume schafft. Sie entwickelt keine Videoarbeiten im herkömmlichen Sinn, vielmehr haben diese eher den Charakter von Dokumentationen, wenn man sie so losgelöst in den digitalen Videonetzwerken sich anschaut, sondern ihnen wohnt ein performative Charakter inne. … Schon lange arbeitet die Medienkünstlerin im Improvisationsensemble mit der Wiener Komponistin, Sound-Künstlerin und „Live-Elektronikerin“ Veronika Mayer zusammen, die an diesem Festivalabend mit ihrem Neuen Werk „ThereAreNoClearBorderlines“ vertreten ist.

Manuela Meier, die in Boston ansässige Komponistin und Akkordeonistin schrieb im Auftrag von Aspekte Salzburg eine neue Ensemble-Komposition für Flöte, Klarinette, Percussion, Violine und Violoncello. Diese wird als Weltpremiere uraufgeführt. Gespannt darf man sein, ob sie wie bereits früher interdisziplinär arbeitet und auf Geräusche von Erdbeben zurückgreift.

Forschung und unkonventionelles Experimentieren gehören auch zum Repertoire von Tamara Friebel. Ihre Kompositionswerke finden sich im Konzertsaal ebenso wie auf Laufstegen von Modenschauen oder im Biennale von Venedig-Pavillon Australiens sowie im öffentlichen Raum. … Der aus Venedig stammende Musiker Mauro Lanza lehrt Komposition an der Universität der Künste in Berlin. Vergleichbar mit Fausto Romanelli, dessen Komposition „An Index of Metals“ zu Beginn des Festivals aufgeführt wird hat auch Lanza am ‚Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique‘ (Ircam) in Paris studiert und sich mit „Spektralmusik“ beschäftigt. … Auch für ihn ist die interdisziplinäre Arbeit wichtig, so entwickelte er mit dem französischen Künstler Jean-Michel Othoniel eine visuelle Sound-Installation für das Centre Pompidou in Paris. Der älteste im Bunde ist Michael Paul Maierhof, Komponist und Improvisator für Neue Musik, aus Fulda stammend und in Hamburg lebend. Er beschäftigt sich mit Instrumenten, Objekten, Präparationen, Applikationen, schwingenden Systemen, Motoren, Pausen und mit Klanglosigkeit. Sein Forschungsgebiet: die Arbeit an einer nicht über Tonhöhen organisierte Musik.

Den Abschluss bildet die Komposition von Marco Döttlinger, Mitglied im Ensemble NAMES. Der österreichischer Komponist und Klangkünstler, studierte Musiktheorie und Komposition sowie Computermusik in Salzburg, Paris und Basel. … Seine Komposition hat dem Abend seinen Namen gegeben: „frozen gesture“.

Mit freundlicher Genehmigung der Aspekte Salzburg

Aspekte Salzburg - 25. bis 29. April - aspekte-salzburg.com
Bilder: Aspekte/

 

 

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