Gastspiel im Gastspiel

UNIVERSTITÄT MOZARTEUM / GASTSPIEL STUTTGART

02/06/10 Im Orchester-Austauschprojekt des Mozarteums gastierte das Sinfonieorchester der hiesigen Universität am Wochenende in Stuttgart. Im Gegenzug kam es am Dienstag (1.6.) im Großen Saal zur beeindruckenden Begegnung mit dem HochschulSinfonieOrchester Stuttgart. Lokale Assistenz gab es dabei auch: Daniela Koch begeisterte als Flötistin in Sachen Mozart.

Von Horst Reischenböck

altSeit 2000 ist der schwedische Dirigent Per Borin Leiter der Dirigentenklasse und der Opernschule an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Zuvor reüssierte er nicht nur in seiner Heimat, sondern auch in Vorpommern und Schleswig-Holstein.

Mit Johannes Brahms’ „Tragischer Ouvertüre“ setzte er im Großen Saal gleich zu Beginn einen gewaltigen Akzent, um die Qualitäten der ihm anvertrauten Jugend zu demonstrieren: Von den ersten dynamisch und forciert gesetzten Forteschlägen an stiegen diese voll ein in die Dramatik des d-Moll-Opus 81. Eher zügig fiel auch die beruhigende Episode inmitten aus - hervorragend musiziert, ohne aber „nachdenklich“ zu machen.

Dass Orchesterassistenz in Sachen Mozart nicht zu den Selbstverständlichkeiten zählt, zeigte sich im Konzert für Flöte und Orchester G-Dur Konzert KV 313, in dem vom Klangbild her vor allem die Hornisten etwas zu kämpfen hatten. Im Mittelpunkt aber stand ohnehin die gebürtige Kitzbühelerin Daniela Koch: Die Studentin bei Michael Martin Kofler am Mozarteum gewann 2008 als erste Österreicherin den internationalen Rundfunkwettbewerb „Concertino Praga“ und krönte im Vorjahr als jüngste Teilnehmerin mit dem Sieg bei der „7. Kobe International Flute Competition“ ihre bisherige Karriere. Brillant glitzernd stürzte sie sich in die virtuos fordernden Läufe des Kopfsatzes. Die Gesangslinie der „Opernarie“ inmitten zeichnete Daniela Koch subtil verinnerlicht nach, um sich dann genauso verspielt den humorvoll kecken Glanzlichtern des abschließenden Menuett-Rondos zu ergeben.

Ein Werk lag dem Dirigenten Per Borin spürbar am Herzen: die dritte Sinfonie seines vor 25 Jahren verstorbenen Landsmanns Hildig Constantin Rosenberg - die mit dem Stuttgarter-Gästen zu ihrer Erstaufführung in Salzburg gelangte.

Wer in unseren südlichen Breiten kennt schon schwedische Komponisten? Franz Berwald oder gerade noch Wilhelm Stenhammar: Das war einer von Rosenbergs Lehrern, der mit seinem Streichquartett-Erstling seinerzeit für einen veritablen Skandal sorgte, indem er über den Neoklassizismus hinaus bis zur Zwölftontechnik fortschritt…

Zurück zu Rosenbergs „Dritter“: In „De fyra livsådrarna“ nach Romain Rollands „Jean-Christoph“ dominiert noch die nordische Komponente à la Jean Sibelius. Wobei aus heutiger Sicht „Die vier Lebensalter“ op. 80 wohl auch die äußere Situation zur Entstehungszeit 1939 reflektieren. Nach kraftvoll sonorem Beginn der tiefen Streicher unterbrechen vorerst immer wieder brutale Schlagwerkeinsätze den herben melodiösen Fluss. Lyrische Naturanklänge der Holzbläser fegen martialisch rudimentäre Tanzrhythmen hinweg und gipfeln nach in sich aufgesplitterter Geigenkantilene in einem blechgepanzerten Hymnus, bekräftigt durch drei harte Fortissimo-Tuttischläge: durchaus Appetit machend auf mehr aus Rosenbergs Feder, diese rund vierzig  Minuten Exerzierfeld.

Mit gleichem Einsatz und gleicher Begeisterung stürzten sich Per Borin und seine engagierten Mitstreiter als Zugabe noch in Richard Wagners Vorspiel zum 3. Akt „Lohengrin“: Ein Katapultschuss zum Schluss.

Bild: Universität Mozarteum