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Hofkapelle und Stadtpfarrmusikanten

HINTERGRUND / MUSIKGESCHICHTE / DOMMUSIK

13/12/18  „Sobald Mozart auf der Bildfläche erschienen ist, scheint es fast, als hätten die anderen Komponisten die Stifte fallen gelassen und nur mehr wenige neue Werke komponiert.“ So beschreibt die Salzburger Musikwissenschafterin Eva Neumayr, wie sehr Mozart in den 1770er Jahren die Salzburger Dommusik bestimmt hat.

„Das haben wir in dieser Drastik nicht erwartet.“ Warum kann Eva Neumayr die Mozart-Dominanz in diesen Jahren so gut abschätzen? Sie und ihre Kollegen Lars E. Laubhold und Ernst Hintermaier haben in jahrelanger Arbeit die gesamten Kirchenmusikalien des Salzburger Domarchivs von Ende des 17. bis Mitte des 19. Jahrhunderts erfasst. Da ist zuerst ein 952 Seiten starker Katalog entstanden, und nun folgte der Kommentarband zum Katalog, der die wichtigsten Erkenntnisse der Forschungsarbeit präsentiert. In diesem kommentarband bekam Mozart aufgrund seiner Rolle für die Salzburger Dom-Musik ein Sonderkapitel.

Mit dem Katalog werden zentrale Quellen zum Schaffen von Komponisten wie Heinrich Ignaz Biber, Johann Ernst Eberlin, Leopold Mozart, Michael Haydn und Luigi Gatti in ihrem Entstehungszusammenhang erschlossen. Auch Wolfgang Amadé Mozarts Kirchenmusik entstand zu großen Teilen für die Liturgie am Salzburger Dom, dessen Bestand im Salzburger Domarchiv als geschlossene Sammlung erhalten geblieben ist.

Überrascht hat die Forscherin aber auch die Rolle der Stadtpfarrmusikanten für die Salzburger Kirchenmusik. Ursprünglich war im Rahmen des ersten Projekts, das durch den Austrian Science Fonds finanziert wurde, ausschließlich eine Sammlung der Musikalien der Hofkapelle geplant. „Die Hofkapelle bespielte den Salzburger Dom als Metropolitankirche“, erklärt Neumayr.

Nach Sichtung der Quellen stellte sich aber bald heraus, dass nicht nur die Hofkapelle am Salzburger Dom aktiv war, sondern auch andere Gruppen. „Der Dom war auch Hauptkirche der Stadtpfarre. Für die Gottesdienste und andere liturgische Feiern war hier nicht die Hofkapelle zuständig, sondern die Stadtpfarrmusikanten. Sie waren es, die Begräbnisse und Gottesdienste an den anderen Salzburger Kirchen, wie St. Sebastian, St. Andrä St. Blasius u.s.w. gestalteten.“ Diese Musiker waren bisher in der Forschung gänzlich unbeachtet und lassen eine ganze Musiklandschaft neu erstehen, ist sich Eva Neumayr sicher.

Mit der Aufarbeitung der musikalischen Quellen der Salzburger Dom-Musik haben die Musikwissenschafter auch wesentliche Grundlagenarbeit für weitere Forschungsprojekte geleistet, nicht nur für solche in ihrer eigenen Disziplin. „Die Dom-Musik ist wesentlich und vor allem von der Liturgie der damaligen Zeit geprägt; wir haben uns auch mit den liturgischen Gegebenheiten der Zeit beschäftigt und Quellen gesichtet, die beispielsweise auch für die Liturgiewissenschaft aufschlussreich sein können“, erklärt Eva Neumayr. Aber auch für die aktuelle Aufführungspraxis ist die Sammlung interessant: „Besonders spannend ist es, wenn hier alte Werke wiederentdeckt und aufgeführt werden“, sagt die Musikwissenschaftlerin.

Internationale Zusammenarbeit und Förderung machte die Forschungen und die beiden Publikationen möglich. 2007 und 2014 machte der Austrian Science Fonds Geld locker. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 404.000 Euro. Nach Auslaufen dieser Mittel konnte das Projekt durch eine Zusammenarbeit des Archivs der Erzdiözese Salzburg mit der Digitalen Mozart Edition, einem Kooperationsprojekt zwischen The Packard Humanities Institute, Los Altos/CA und der Internationalen Stiftung Mozarteum und mit Hilfe der Johann-Michael-Haydn-Gesellschaft fertiggestellt werden. (Erzdiözese Salzburg)

Eva Neumayr, Lars Lauhold, Dommusikarchiv Salzburg: Thematischer Katalog der Musikalischen Quellen, Reihe A. Schriftenreihe des Archivs der Erzdiözese 17. Wien, Hollitzer 2018.
Eva Neumayr, Lars Laubhold, Ernst Hintermaier: Musik am Dom zu Salzburg. Repertoire und liturgisch gebundene Praxis zwischen hochbarocker Repräsentation und Mozart-Kult.
Bild: dpk-krie

 

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