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AusGeFuchstes zum Geburtstag

20 JAHRE PHILHARMONIE SALZBURG

25/11/18 Die Philharmonie Salzburg feierte ihren Zwanziger als ausgelassenes Spektakel in Dimensionen jenseits der Ortsüblichkeit in der Salzburg Arena als Alpenkolosseum mit Musik, Tanz und Akrobatik.

Von Erhard Petzel

Elisabeth Fuchs ist offensichtlich nicht nur umtriebig, sie muss getrieben sein vom Drang zum Grenzgang. Die logistische Bewältigung dieses Festaktes für die lokale Masse am Freitag (23.11.) ringt Anerkennung und Bewunderung ab.

Die Dirigentin springt über den Schatten des Verständnisses des sinfonischen Klangkörpers als Instrument zur Verwirklichung eines klassischen Ideals vom Hören - und wirft ihn schonungslos auf die Bühne grellbunter Event-Kultur. Das mit offensichtlichem Spaß an der Freude für alle: Nicht billiger Aktionismus mit optischer Behübschung war angesagt, sondern ein austariertes Verhältnis von popularisierter Klassik und Populärem, geschickt mit akrobatischen und tänzerischen Auftritten verzahnt.

So stehen nach der Pause Paletten-Podeste im Bühnenraum herum und vermitteln Glasscherbenviertel-Charme: Inseln für den Kontrabaß (Teodor Ganev), der sein pures, nur durch Quint minimal erweitertes Oktavostinato ostentativ durchzupft, den hyperaktiven Geiger (Moisés Santos) und die Gitarre (Raul Rolon). Zusammen mit dem bodenständigen Marimba (Kiril Stoyanov) entsteht ein träg-süßlicher Fluss Klezmer, in den eingetrampelt wird, das Orchester einfließt, das Publikum mitklatscht zum unvermeidlichen Accelerando in die finale Stretta.

Nachdem Santos seine Körpermasse auf den bedrohlich aufschreienden Bühnenboden gewuchtet hat, wird in Folge der eigentliche Zweck der Aufbauten sichtbar. Zur Musik Hans Zimmers hechten die Akrobaten von Urbanatix Parkour in vollendeter Übereinstimmung zu den Impulsen der Musik über und unter sich und um das Bühnengerümpel herum.

Bei Urbanatix handelt es sich um eine im Ruhrgebiet entwickelte Artistenszene mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die sich als fixes Show-Format junger Bewegungskünstler etabliert hat. Mastermind hinter dieser Idee ist Christian Eggert. Beeindruckend die Darbietungen von Urbanatix Tanz, atemberaubend die halsbrecherischen Stunts der Biker, für die große Rampen installiert wurden.

Jasmin Rituber am Vertikaltuch, Carmen Raffaela Küster am Trapez, Josefine Stenström am Reifen und das Verrenkungswunder Stefanie Millinger brechen den Klangraum optisch auf und erheben sich über die Erdenschwere, indem sie diese virtuos nützen. Ihr Selbstverständnis feinfühliger Harmonie für Musik und Bewegungschoreografie teilen sie mit den Tänzern und Choreografen aus der Street-Dance-Hiphop-Ecke, Christopher Dunston, Youngung Sebastian Kim und Takao Baba, die sich prominent in Szene setzen können und diese beeindruckend ausfüllen.

Das Geburtstagskind selber, die Philharmonie Salzburg, steht alle dem um nichts nach und zeigt schon zum Einstieg mit Perez Prados Mambo, dass der Geist des Simon Bolivar-Orchesters bis auf den Alten Kontinent vorgedrungen ist.

Die Zeiten, wo man angesichts einer solchen Performance den Untergang der abendländischen Kultur beschworen hätte, sind lang vorbei. Das Programm kommt bei einem euphorischen Publikum an und erreicht die Generationen, wie die vielen faszinierten Kinder eindrücklich bezeugen. Die Qualität stimmt, wenn man sich auf die Gesetze der Unterhaltung einlässt, die unerbittliche Perfektion in der Durchführung einfordern.

Die klassischen „Schlager“ lassen sich gut unterlegen, vor allem, wenn sie geschickt adaptiert werden, wie hier im Falle von Dvoráks Aus der neuen Welt. Weniger überzeugend, wenn lediglich ein verschämtes Schlagzeug hinzugeschummelt wird, wie in Beethovens Fünfer. Und wenn schon E-Geigen-Einsatz, hätte man Florian Moser auch gleich improvisieren lassen können, statt eine Orchesterstimme verfremdet herauszustellen.

Fete war zum Schluss angesagt, Troy Savoy und Mr. Harvey Miller als DJs engagiert. Eine ansehnliche Menschenmenge wurde damit zum Bleiben angeregt. Schlussparty ist nicht leicht, wird aber als Herausforderung immer öfter angenommen. Vielleicht nicht der einzige Ausblick auf die Entwicklung der Beziehung Publikum– Künstler.

Nach dem Zwanziger ist vor dem Dreißiger - www.philharmoniesalzburg.at
Bilder: PhS/Erika Mayer

 

 

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