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Eine Dame mit eigenem Kopf

SCHUMANN-FESTIVAL / OLGA SCHEPS

14/06/10 Wahrscheinlich horcht man in der Branche auf, wenn eine junge Musikerin im Wettbewerbs-Karussell auftaucht, die wirklich etwas zu sagen hat. Olga Scheps mag technisch nicht ganz so brillant sein wie manche Mitbewerber. Dafür teilt sie mit ihrem Spiel etwas mit.

Von Reinhard Kriechbaum

alt24 Jahre alt ist Olga Scheps erst. In Moskau geboren, aber Schülerin von Pavel Gililov in Köln und - was Wettbewerbs-Erfolge und Förderungen dokumentieren - in Deutschland bestens sozialisiert. Einen Vertrag mit Sony hat sie schon in der Tasche und ihre Debüt-CD mit Werken von Chopin ist im Jänner dieses Jahres erschienen.

Am Samstag (12.6.) hat Olga Scheps das Schumann-Festival im Solitär der Universität Mozarteum abgeschlossen. Ein Auftritt, der - wären etwas mehr junge Leute da gewesen - vielen jungen Kolleginnen und Kollegen vom Mozarteum vermutlich Mut gemacht hätte: Es geht offenbar doch nicht nur darum, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele richtige Tasten zu treffen. Olga Scheps erlaubt sich, manchmal daneben zu greifen. Herzhaft daneben sogar. Ob im Konzert-Ernstfall das Temperament oder die Nerven mit ihr durchgehen, das kann man schwer sagen. Jedenfalls zeigt die junge Dame ansehnliche Risikobereitschaft, wenn sie zum Beispiel in Chopins Ballade Nr. 1 g-Moll op. 23 wahre Explosionen an Ton-Kaskaden liefert. In einem anderen Stück aus dem reichhaltigen Chopin-Angebot an diesem Abend, der nicht minder bekannten As-Dur-Polonaise Nr. 6 op. 53 hat sie aber so extrem forciert, dass ganze Akkordpassagen an der Kippe standen.

Dafür die langsamen, womöglich gar Moll.getönten Episoden! Chopins f-Moll-Fantasie war prall gefällt mit Trübsinnigkeit und es ist bemerkenswert, wie gedankentief diese junge Dame gestaltet, wie sie vorführt, dass das Wecken der Lebensgeister (die sich ja auch zu Wort melden) durchaus auch Mühe bereiten kann, einen Einsatz besonderer Energie nötig macht. Wunderschön und agogisch beredt die Sextenketten im Des-Dur-Nocturne.

Zu Mozart hat Olga Scheps auch etwas zu sagen: Akkurat phrasierte sie die Dutzenden leichten Themenvarianten im Rondo a-Moll KV 511. Überhaupt: Das Langsame, in den Stimmungen Gebrochene scheint Olga Scheps Spezialität zu sein.

Schumanns „Faschingsschwank aus Wien“ ist Musik von anderer Art, da haben schon mal die Bässe scheppern dürfen und die galoppierenden Akkord-Massierungen ein wenig dröhnen. Der effektvolel „Faschingsschwank“ wird eigentlich nicht so geschätzt – das ist erstaunlich, denn das knapp halbstündige Werk ist ein Kompendium Schumann'scher Pianistik. Für Olga Scheps kommt auch da das Erzählen vor dem äußerlich-virtuosen Effekt, und das ist gut so. Eine erfreuliche Begegnung mit einer Dame mit eigenem Kopf.

Bild: www.sonymusic.ch / Felix Broede

 

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