Stolz auf den Komponisten, stolz auf's Orchester

MOZARTEUMORCHESTER / SONNTAGSMATINEE

20/10/20 Himmelsbilder waren sprechendes Thema und spannendes Programm bei der Sonntagsmatinee (19.1.) des Mozarteumorchesters unter Leitung von Constantin Trinks im Großen Festspielhaus. Die Uraufführung von Jakob Gruchmanns Jagd nach dem Glück war ein Triumph für den Salzburger Komponisten.

Von Christiane Keckeis

Die drei Orchestervorspiele zu Hans Pfitzners Oper Palestrina, die der Komponist selbst als „Musikalische Legende“ betitelte, eröffneten den Himmelsbilder-Reigen. Obwohl der Bezug der Oper zum Thema vielleicht nicht so eindeutig ist (geht es doch darin um die durchaus irdische Institution Kirche, die die Kirchenmusik verbannen will), so ist doch der Himmel im Spiel, wenn es Palestrina trotz Schaffenskrise durch die Einflussnahme guter Mächte gelingt, mit seiner Missa Papae Marcelli die Kirchenmusik zu retten. Wie auch immer. Es war die Interpretation der drei Vorspiele, die an diesem Sonntagvormittag, um im Himmelsjargon zu bleiben, eine Sternstunde schlagen ließ: Achtsam der kammermusikalische Beginn. Man hört aufeinander, keiner drängt sich vor, kein Übergang ist unsensibel, nichts eckt. Wie Pauke und Tuba miteinander weich und piano bleiben können,  wie die Solo-Instrumente Geige, Oboe, Englischhorn mit Tönen wie Balsam ihren Platz einnehmen. Wie makellos auch die Tutti unisono-Stellen daherkommen: alles nahezu fragil, unendlich ruhig, in in der Tat: Himmlisch. Auch das aufgeregte zweite Vorspiel fließt. Trotz vieler Akzente gelingt es Constantin Trinks den großen Fluss lebendig in Schwung zu halten. Wunderschön beginnen die Bratschen im Unisono das dritte Vorspiel, das letztendlich – auch hier wieder höchst sensibel musiziert – in einem kaum mehr hörbaren Pianissimo endet.

Dann aber wirklich Himmelsbilder: Jakob Gruchmanns Komposition für Sopran, Streichorchester, Schlagwerk und Orgel aus dem Jahr 2010 ist als Programmmusik zu fünf Deckenfresken über das Leben des Heiligen Martin in der Pfarrkirche Thalgau entstanden. Lautmalerische Elemente mischen sich mit Assoziationen an Marschmusik, Choral in durchaus nachvollziehbarer Harmonik. Die Schlagwerktruppe des Mozarteumorchester überzeugt mit Präzision und Spielfreude. Die Sopranistin Alexandra Lubchansky müht sich etwas mit der Schlichtheit, die manche Melodiebögen fordern, ist sehr präsent, wenn es um Gestaltung geht. Das zweite Werk Gruchmanns Jagd nach dem Glück, entstanden erst 2019, eine Sopranarie mit Hörnern, liegt ihr deutlich besser: Hier kann Alexandra Lubchansky ihre Gestaltungsqualitäten ganz einsetzen und zieht das Publikum deutlich in ihren Bann, obwohl das Stück weit weniger gefällig daherkommt als die Himmelsbilder. Großartig auch die Bläser, besonders die solistisch agierende Tuba! Die Uraufführung kam gut an, das Publikum zeigt sich beim begeisterten Applaus nicht ohne Stolz auf den anwesenden jungen Salzburger Komponisten.

Schuberts achte Symphonie gab dann entsprechend Gelegenheit, stolz zu sein auf das Salzburger Orchester. Constantin Trinks macht anders als Schumann und Mendelssohn die „himmlischen Längen“ des Stückes nicht durch Striche, sondern mit elegantem, oft tänzerischen Schwung lebendig und abwechlungsreich. Und er macht vieles hörbar, hat Gefühl für natürliche Akzentgebung, die Reimschemata der Musik mit Längen und Kürzen, Schwer und Leicht, es bleibt stets spannungsreich. Die Ausbrüche sind ebenso intensiv wie die Pianissimi. Trink lässt die Architektur sich aus sich heraus entwickeln, nichts wirkt gemacht oder eckig, dynamische Wellenbewegungen sind ganz organisch. Er zieht große Bögen, schwingt, tänzelt, hüpft bisweilen, nie ohne Eleganz und doch nicht langweilig. Brillant beginnt das Finale und wird zum fließenden Rausch mit mitreißendem Drive. Längen? Wo? Gratulation!

Bild: www.constantintrinks.com