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Spiegelbild der Zustände

KULTUVEREINIGUNG / STAATSPHILHARMONIE RHEINLAND-PFALZ / FRANCIS

24/01/22 Zufälle gibt‘s! Frankreich hat die EU-Ratspräsidentschaft inne – und die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, seit sechzig Jahren immer wieder zu Gast in Salzburg, spielte unter ihrem britischen Chefdirigenten ein frankophiles Programm. Eine – angesichts „internationaler Zustände“ – nachdenklich stimmende Werkfolge, die in lichte Gefilde führte.

Von Horst Reischenböck

„Ich habe nie aufgehört, Ravel als den größten Meister der französischen Musik neben Rameau und Debussy anzusehen“, sagte einst der mit Stefan Zweig befreundete Romain Rolland. Trauer über den Tod der Mutter oder den Tod von Freunden im Ersten Weltkrieg versteckte er maskenhaft hinter dem Klavierzyklus Le Tombeau de Couperin. Vier der sechs Stücke hat Ravel orchestriert und damit Möglichkeit zu kammermusikalisch feinem Musizieren geboten. Die Bläser der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz haben die Gelegenheit im Prélude mit Delikatesse aufgegriffen. Das ganze Kollektiv trieb Chefdirigent Michael Francis dann zündend in den Rigaudon.

Ravel war übrigens einer der berühmten Gäste im Pariser Salon der Prinzessin de Polignac. Die Dame besaß ein Instrument des berühmten Orgelbauers Aristide Cavaillé-Croll und wünschte sich ein Konzert: Nachdem der erste Adressat Jean Françaix abgewinkt hatte, wandte sie sich an Francis Poulenc, der über sein eigenes Stück sagte: „Das Konzert ist wie ein Poulenc auf dem Weg zum Kreuzgang.“ Also nicht einfach, aber dennoch von gallischem Esprit, ein Virtuosität fordernder Klassiker für Streicher, immer wieder von den Pauken akzentuiert. Die private Uraufführung leitete damals Nadia Boulanger geleitet.

Nun also Poulencs Konzert für Orgel, Streicher und Pauke g-Moll bei der Kulturvereinigung am Freitag (21.1.) im Großen Festspielhaus, das ja bekanntlich keine Orgel besitzt. Heutige Technik lässt das jedoch vergessen: Die elektronischen Klänge, die der Solist Christian Schmitt dem elektronischen Instrument entlockte, verblüfften und begeisterten mit dem Wechsel von „fein abgestuft“ und „aus dem Vollen geschöpft“. Besser mögen auch fix eingebaute Pfeifen kaum tönen! Eine Mendelssohn-Zugabe evozierte dann sogar räumlich-sakrale Bilder.

Dominierender Höhepunkt war die Symphonie Nr. 3 c-Moll, op. 78 Orgelsymphonie von Camille Saint-Saëns. „Wer sich davon ein Konzert für Orgel und Orchester erwartet, der irrt, denn die

Königin der Instrumente ist hier ein gezielt und punktuell eingesetztes Orchesterinstrument“, heißt es im Programm. „Wie übrigens auch ein Klavier, das vierhändig gespielt werden muss. Das zentrale Motiv dieser eindrucksvollen Klangphantasie ist das Dies irae.“ Dirigent Michael Francis fachte das erste Allegro mit weit ausholenen Gesten stürmisch und düster kämpfend an. Danach folgte die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz exakt des Komponisten Vorgabe „extrem ruhig“ für das Adagio. Nach der pulsierend dahinschwirrenden Tanz-Episode münzten alle Beteiligten das bedrohliche Dies Irae-Motiv in strahlendes Dur. Ein Triumph.

Bilder: KV / Leopold

 

 

 

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