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KULTURVEREINIGUNG / MOZARTEUMORCHESTER / KORSTEN

28/04/22 Wer hätte gedacht, wie tagesakaktuell Ludwig van Beethovens Egmont-Ouvertüre je wieder werden könnte? Das Stück schildert – konzentriert lapidar – musikalisch Goethes Drama vom Widerstand einer Nation, die den Tod des Helden zum Sieg verklärt.

Von Horst Reischenböck

Musik von und über Beethoven steht auf dem Programm der letzten Konzertserie bei der Kulturvereinigung im Großen Festspielnaus. Gérard Korsten, das Mozarteumorchester und das Hagen Quartett spielten auch die bejubelte Erstaufführung von John Adams‘ Absolute Jest.

Gérard Korsten, einst in Salzburg von Sándor Végh und dessen Camerata geprägt, blickt auf eine längst international beachtete Karriere. Bereits auf einer frühen CD – Mozart-Konzerte zusammen mit dem Pianisten Nicola Frisardi – zeigte sich eine innere Seelenverwandtschaft mit dem Mozarteumorchester. Auch am Mittwoch (27.4.) wieder – Übereinstimmung vom Auftakt an.

Beethoven war und ist ein Idol des 75jährigen US-Amerikaners John Adams, einem der Repräsentanten der Minimal Music. Ihn animierte vor zehn Jahren der Auftrag der San Francisco Symphony zu einem 25minütigen Stück „Musik über Musik“. Damit gedachte er dem „Schwarzen Loch“ entgegenzusteuern, das, so Adams, im Repertoire für Streichquartett und Orchester bestehe. Ganz so schwarz war das Loch freilich nicht.

Vermutlich wusste der Amerikaner nicht, dass gerade das Mozarteumorchester schon 1971 in Salzburg Helmut Eders Metamorphosen über ein Quartett-Fragment von Mozart uraufführte oder der Däne Pelle Gudmundsen-Holmgreen 2006 sein Concerto grosso für das renommierte Kronos Quartet überarbeitete. Auch Adams überarbeitete ein bestehendes Wert: Absolut Jest hat Gérard Korsten nicht lange nach Entstehen in Vorarlberg vorgestellt.

Er ist eng vertraut somit ideale für dieses Scherzo. Der Übersetzung des Titels Absolut Jest als Totaler Spaß gewinnt dessen Urheber indes wenig ab. Dennoch, Spass haben zweifellos ausführende Kenner, und für Beethoven-Liebhaber ist es ein reizvolles Quiz zum Erraten verborgener Themen und Motive. Es klingt ja auch teils so, als höre man im Traum Anklänge an die Siebte, das Scherzo der Neunten oder an die späten Streichquartette und Fugen.

Fragmente daraus setzte das mit den Originalen eng vertraute Hagen Quartett gewohnt leidenschaftlich engagiert um. Dank Gérard Korstens umsichtiger Leitung war die Balance zwischen Solisten und Orchester im durchsichtig kontrapunktisch ineinander verwobenen Stimmengeflecht perfekt. Erfolg und Zustimmung standen außer Frage.

Das gilt auch für die mitreißende Lesart von Beethovens Siebter. Spannungsgeladen pulsierte das Poco sostenuto in den Kopfsatz hinein. Ohne Larmoyanz entfalteten Streicher und perfekt aufeinander abgestimmte Holzbläser das melancholisch angehauchte Allegretto. Presto und Allegro con brio steigerten alle Ausführenden zur rauschhaft überwältigenden Klangorgie.

Heute Donnerstag (28.4.) und morgen Freitag (29.4.) erklingt nach der Egmont-Ouvertüre und Absolut Jest von John Adams statt der Siebten Beethovens Eroica - www.kulturvereinigung.com
Bilder: SKV / Leopold